Epoche vor 1511

Tiroler Geschichte im Spätmittelalter

Damit ist nur die Zeit des Spätmittelalters gemeint, jene Zeit also, welche in der Tiroler Geschichte geprägt ist einerseits von der Ausbildung des Landes bzw. der Grafschaft Tirol in der 2. Hälfte des 13.Jhds. und andererseits von der Epoche der Städtegründungen vom ausgehenden 12. bis zum Beginn des 14. Jhds.Es ist jene Zeit, in der militärische Einsätze noch weitgehend auf der Grundlage der Feudalverfassung erfolgten. Die damalige feudale Heerbann-Pflicht der Untertanen eines Territorialherren bzw. die betreffende Heerbann-Leistung war jedoch genereller Natur und unterschied nicht zwischen Kriegsdienst nach außen und Landesverteidigung im Inneren des Landes.
Nur bei einer Gruppe der Untertanen eines Landesherren bzw. Landesfürsten dominierte von Anfang an die Verteidigungspflicht, – dies waren die Bürger der Städte.
Die Städte Tirols hatten „“ wie die meisten Städte Mitteleuropas „“ in der Hauptsache drei Funktionen:

  • Sie mußten befestigt sein wie Burgen „“ daher auch der Name „Bürger“ für Ihre Bewohner.
  • Dank Ihrer Befestigung boten sie der Wirtschaft bzw. Handel und Verkehr die notwendige Sicherheit.
  • Endlich fungierten die Städte dank ihrer Befestigung als sichere Zentren im Ausbau und in der Sicherung der Landeshoheit und der Landesverwaltung.

Angesichts der hohen Bedeutung der militärischen Sicherheit in den Städten ist es daher nicht mehr als selbstverständlich, daß die Bürgerschaft der Städte in zweifacher Weise zu Sicherheitsleistungen verpflichtet war.

Einmal galt dies hinsichtlich des Baues und der Erhaltung der städtischen Ringmauern und der anderen Elemente der baulichen Stadtbefestigung und deren Instandhaltung; neben diesen baulichen Pflichten hatten die Bürger und alle Inwohner der Städte die regelmäßige Pflicht zum Wachdienst und zur militärischen Bereitschaft. An der Spitze der städtischen Schutzmannschaft stand ein „Stadthauptmann“, dem, entsprechend der Stadtviertel, Viertelhauptleute zur Seite standen.

Wenngleich die Hauptaufgabe dieser städtischen Aufgebote die Verteidigung der jeweiligen Stadt war, so wurden die städtischen Aufgebotsmannschaften doch gelegentlich auch zum Verteidigungseinsatz an den Landesgrenzen herangezogen. So z.B. im Jahre 1410, als die Haller Bürger im Verlauf der damaligen Kriegsereignisse mit 72 Pferden und 52 Mann zu Fuß “ ze velde an die lantweren“ ausgezogen sind.

ca. um 1335
urkundliche Erwähnung des Begriffes Schütze in den Verordnungen der Grafen von Görz;

ca. 1410
der Begriff „Schütze“ wird in den Musterregistern der Stadt Lienz verwendet; man bezeichnete damit die mit Armbrust bewaffneten „Stachelschützen“;
Aus dem eigentlichen Raum der Grafschaft Tirol hat sich ein nur wenige Jahre jüngeres Dokument erhalten, welches als Tirols ältestes „Aufgebot“ bezeichnet werden kann. Konkret handelt es sich um eine Urkunde aus dem Jahre

1406
welches sich – im Gegensatz zu den früheren Beispielen „“ nicht an die Bürgerschaft einer Stadt richtet, sondern an ein Landgericht, bzw. an das Gericht zu Passeyr. Darin ruft der damalige Landesfürst von Tirol, Herzog Leopold IV. von Österreich „“alle, so in dem Gericht zu Passeyr sitzen und zur Wehr geschickt sind, auf, „zu Roß und zu Fuß sich zu uns gegen Salurn bei Tag und Nacht fürderlich und ohne alles Verziehen zu begeben … und unser Land und Leut helfen zu retten.“

1406
ist nicht nur für das Tiroler Schützenwesen von großer konstitutiver Bedeutung; aus dem gleichen Jahr datiert auch jene vom demselben Landesfürsten und seinem jüngeren Bruder und Nachfolger, Herzog Friedrich IV. (mit der leeren Tasche) erlassene „Landesordnung“ oder Landesfreiheit, welche für die Untertanen das Ende der Leibeigenschaft brachte.
Die Aufhebung der Leibeigenschaft war der erste Schritt zur politischen Mündigkeit aller Gerichtsuntertanen. An den seit 1424 ziemlich regelmäßig abgehaltenen Landtagen nahmen, neben den Adel, den Prälaten und den Städten auch die Vertreter der Land-, Hofmarkgerichte, in der Hauptsache also der Bauernstand als vierter, gleichberechtigter Stand teil.
Die so erlangte Landstandschaft hatte damit auch eine verstärkte Identifikation mit dem Land und seinen Interessen, namentlich mit der Sicherheit zur Folge.
Damals wurde also die Grundlage für die jahrhundertelang praktizierte Bereitschaft der Tiroler, ihr Land zu verteidigen gelegt. Ziel und Inhalt des Tiroler Schützenwesens war dementsprechend stets nur die
Verteidigung des eigenen Landes, der eigenen, engeren Heimat, der eigenen Familie. Nachbarn zu bekriegen war „“ jedenfalls seit dem 15. Jhd. „“ niemals Absicht und Ziel der Tiroler Landesverteidiger.
Andererseits wußten die seit 1363 die Grafschaft Tirol regierenden habsburgischen Landesfürsten die Bereitschaft der Tiroler, ihr Land selbst zu verteidigen, zu schätzen. Dementsprechend ist es keine leere Floskel, wenn Kaiser Maximilian I. in der Präambel zum Tiroler Landlibell von 1511 darauf Bezug nimmt, daß bereits von seinen Vorgängern in der Landherrschaft zugesichert und deklariert worden ist, daß die Tiroler „in Kriegszeiten nur verpflichtet sind, uns innerhalb und an den Grenzen des eigenen Landes zu dienen.

Die Texte basieren weitgehend auf ein Manuskript, das Univ.Prof. Dr. H.Hye, Ehrenoffizier der SK. Wilten und Ehrenkranztrager des SSB zur Verfugung gestellt hat.