GÖSSENHEIM – Heinrich Oberleiter, geboren am 13. Jänner 1941 in St. Johann im Ahrntal und gestorben am 4. Jänner 2023 in Würzburg, ist einer der vier „Puschtra Buibm“. Er starb infolge der schweren Verletzungen nach einem Autounfall. Die Beschreibung seines wechselvollen Lebens war unter dem Titel „Es gibt immer einen Weg“ schon 2011 erstmals herausgegeben worden.
Herausgeber dieses Buches war der Südtiroler Schützenbund, unterstützt wurde Oberleiter bei der Herausgabe seiner Autobiografie von Dr. Margareth Lun. Die Lebensbeschreibung ist anlässlich von Oberleiters Rückkehr nach Südtirol 2022 neu aufgelegt worden und beim Südtiroler Schützenbund erhältlich. Die Heimkehr Heinrich Oberleiters war nach der Begnadigung durch den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella am 9. Dezember 2021 möglich geworden. Auf seinem letzten Weg wurde Heinrich Oberleiter nun durch eine Ehrenformation des Südtiroler Schützenbundes begleitet. Sie stand unter der Führung des Bataillonskommandanten des Ahrntales Wolfgang Kofler.
Heinrich Oberleiter ist nun nicht mehr sichtbar unter uns, aber wie Martha Stocker bei der Grabrede am Friedhof von Sachsenheim in Bayern sagte, er hat uns in seiner Haltung und seinem Verhalten eine Richtschnur für das Heute mitgegeben. Es geht wohl immer um die Frage: welche Aufgabe haben wir in dieser Welt und wie werden wir ihr gerecht, der Aufgabe und den Menschen, die sie betreffen. Und für diesen Auftrag hat uns Heinrich auch ein „Segn’s Gott“ mitgegeben, einen Wunsch, den wohl viele von uns immer mit ihm verbinden werden und der uns auch auf die Hilfe eines Höheren hoffen lässt.
Die Anschläge, die Heinrich Oberleiter zusammen mit den anderen drei Puschtra Buibm in den 1960er Jahren verübt hat, waren Ausdruck von Ohnmacht und der Rechtlosigkeit, die der italienische Staat die Südtiroler damals Tag für Tag spüren ließ, so Heinrich Oberleiter bei der Pressekonferenz am 29. Juli 2022 in Sand in Taufers. Besonderen Eindruck hinterließ auch die Willkür und Ungerechtigkeit bei den Gerichtsprozessen, vor allem beim Pfunderer Prozess. Die Urteile waren politisch vorgegeben und in keiner Weise sachlich begründet. Auch die Schwierigkeit im eigenen Lande eine Arbeit oder eine Wohnung zu finden, während für die weiterhin zuziehenden Italiener alles selbstverständlich gegeben war, machte für ihn deutlich, dass etwas getan werden musste, sollten die jungen Südtiroler eine Zukunft in ihrer Heimat haben.
Heinrich Oberleiter konnte von den vier Pusterern am längsten in der geliebten Heimat verbleiben. Erst im Dezember 1963 wurde auch er zu einem Heimatlosen, nachdem er zusammen mit Rosa Ebner auf der Flucht gefangen genommen und verhört worden war. Es gelang ihm im Anschluss eine spektakuläre Flucht, bei der er auch schon den Herrgott bemühte, der ihn dann ein Leben lang begleitet hat. Er sagte in einem Interview, dass er sich damals gedacht habe, er, Heinrich, habe nun das Möglichste getan, nun müsse ihm der Herrgott helfen, und er half ihm, so Heinrich Oberleiter.
Für die Anschläge in den 1960er Jahren wurde Heinrich Oberleiter zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt. Dies nahm er und seine Familie lange einfach so hin, bis sie mitbekamen, dass auch Familienangehörige ein Gnadengesuch einreichen können. Dies erfolgte dann unter maßgeblicher und fachkompetenter Unterstützung durch Dr. Karl Zeller 2018. Diesem Gnadengesuch wurde dann am 9. Dezember 2021 stattgegeben. Und daraufhin war es ihm vergönnt, zweimal in die Heimat zurückzukommen.
Es war ein langer, es war ein beschwerlicher Weg, den Heinrich Oberleiter gegangen ist. Es gibt aber immer einen Weg, wie der Titel seiner Autobiografie und auch der zentrale Satz auf seinem Sterbebildchen lautet. Dieser Devise entsprechend hat er gelebt, sich den verschiedenen Herausforderungen gestellt und den Situationen, die sich daraus ergaben, angepasst.
Dabei hatte er auch ein großes Glück. Er fand in seiner neuen Heimat eine mutige Frau, die seine besondere Situation mittrug, drei wunderbare Kinder, denen er sein Gottvertrauen und sein Einfühlungsvermögen mitgab, das er besonders im Umgang mit behinderten Kindern im SOS Kinderdorf zeigen konnte. Bei all dem halfen ihm auch sein Mutterwitz, sein Charme, seine überlegte Nachdenklichkeit, das geerdete, durch Leiden und Freuden geformte Leben. Und im Leiden begleitete er auch über lange Jahre seine an Demenz erkrankte Frau: „Das war seine wahre Großtat“, so seine Tochter Sonja.
Zur Ehrerbietung für einen Großen unserer Heimat waren auch an die 50 Schützen aus ganz Südtirol in den Norden Bayerns, nach Sachsenheim, gefahren, um Heinrich Oberleiter mit einer Ehrensalve und der Weise vom guten Kameraden die letzte Ehre zu erweisen. Der Abschieds-Gruß der Ehrenformation des Südtiroler Schützenbundes war ein Vergelt’s Gott für einen außergewöhnlichen Lebenseinsatz eines lebenslang beeindruckenden und beispielgebenden Menschen.
Ein Dank gebührt auch dem Südtiroler Heimatbund, der die Kosten für die Busreise übernommen hat.