MITTE TIROLS – Seit nun mehr 100 Jahren ist das Land Tirol geteilt. Am 10. Oktober 1920 wurde der südliche Landesteil infolge des Friedensdiktats von St. Germain vom Vaterland Österreich abgetrennt und von Italien offiziell annektiert. Dies geschah gegen den ausdrücklichen Willen der ansässigen Bevölkerung und auch gegen das Völkerrecht und den neunten Punkt des 14 Punkte umfassenden Maßnahmenkataloges des damaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson.
Ferner wurden die ladinischen Täler nach der Devise „divide et impera“ (teile und herrsche) unter dem Faschismus in drei Teile zerrissen und teilweise zu anderen Provinzen geschlagen. Zur Erinnerung an das erlittene Unrecht vor einem Jahrhundert errichteten der Schützenbezirk Brixen und die Schützenkompanie Latzfons am Plus-Minus-Mittelpunkt des alten Kronland Tirols – im Herzen des Eisacktals – einen Markstein, der als Fanal und mehr als nur symbolisch den Mittelpunkt Tirols charakterisieren soll.
Dieser Markstein befindet sich in unmittelbarer Nähe des Schutzhauses „Latzfonser Kreuz“ bzw. der 1743 errichteten, aussichtsreichen und gleichermaßen malerischen und schmucken Wallfahrtskirche „Heiligkreuz auf Ritzlar“ auf 2311 Metern Seehöhe. Zudem muss angeführt werden, dass dieses Gebiet mit dem höchstgelegenen Wallfahrtsort Europas gleichzusetzen ist. Diese Wallfahrtsstätte als Ziel des ältesten Pilgerwegs Südtirols, an der Südseite der Kassianspitze gelegen, wird heutzutage nach wie vor gerne von vielen Einheimischen und Gästen als Quelle der Inspiration und des Glaubens aufgesucht.
Darüber hinaus zeigt dieser Markstein die jeweiligen Entfernungen zu den Außengrenzen. Aber das ist noch nicht alles: Er zeigt die Verbundenheit zum Heimatland und den Wunsch zur Landeseinheit mehr als nur eindrucksvoll. Wenn man um die Grenzen Alt-Tirols ein Rechteck legen und in diesem zwei Diagonalen ziehen würde, so befindet sich eben dieser angeführte Mittelpunkt in Latzfons auf dem Gemeindegebiet von Klausen.
So wie das ganze Land Tirol am 10. Oktober vor 100 Jahren als einen nationalen Trauertag zwischen dem Arlberg und der Lienzer Klause, Anpezo Haydn und zwischen Kufstein und Borghetto beging, kann der Markstein ein Jahrhundert später ein Zeichen dafür sein, dass 100 Jahre Unrecht keinesfalls mit einem Tag Recht gleichgestellt werden. Soweit der Bericht von Georg Ladurner.
Es könne nie genug auf auf die schmerzliche Teilung Tirols hingewiesen werden. Dank des Durchhaltevermögens unserer Vorfahren haben wir unsere kulturelle Eigenheit und die deutsche Sprache behalten können. Gemäß dem Motto: „Herkunft ist Zukunft“ solle es auch in Zukunft von allen unseren Landleuten ein Auftrag sein, im Rahmen der dementsprechenden Möglichkeiten unsere Heimat Gesamttirol zu erhalten.
Obgleich die italienische Annexion dem Prinzip der nationalen Selbstbestimmung widersprach, liegt es am Interesse der Südtiroler, ihr verbrieftes Recht beim Mehrheitswillen im Landtag einzufordern und sich Alternativen zum gegenwärtigen Status zu machen.
Es soll uns Südtiroler nach wie vor Verpflichtung sein, im Rahmen unserer Möglichkeit, auf unsere Rechte, die unsere Vorfahren hart erkämpft haben, zu beachten und das Deutschtum nicht aufzugeben sowie unseren Nachkommen vorzuleben und weiterzugeben. An uns allen liegt es, dies zu erhalten.
Ehrenmajor Josef Kaser
Schützenbezirk Brixen