Zwei Staatsbürgerschaften relativieren Grenzen und nehmen Trennschärfe

Im Bild von links: Egon Zemmer MSc, Univ. Prof. Dr. Peter Hilpold, Jürgen Wirth Anderlan.

BOZEN – Während am vergangenen Montag der Verfassungsrechtler Walter Obwexer bei seinem Vortrag bei der SVP-Leitung keine wirklich klaren Empfehlungen geben konnte, steht für Universitätsprofessor Peter Hilpold eindeutig fest: Das Recht auf die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein individuelles. Viele Vorbehalte, die immer wieder aufgeworfen werden, scheinen konstruiert. Und – der Doppelpass wäre kurzfristig sogar leichter machbar als mittelfristig.

Der Andrang war groß im Sitzungssaal des SSB in der Schlernstraße in Bozen, wo die parteiübergreifende Initiative für die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler (inoes) einlud. Neben aktiven Politikern aller deutscher Parteien und Altmandataren waren Historiker, Gewerkschaftsvertreter, ehemalige hohe Landesbeamte und mitten im Berufsleben stehende Bürger zugegen. Alle wollten sie aus berufenem Munde vor allem eines wissen: Ist der Doppelpass machbar und besteht eine Chance auf Umsetzung? Um diese Frage beantworten zu lassen, hatte der Landeskommandant der Schützen Jürgen Wirth Anderlan den Völker- und Europarechtler Dr. Peter Hilpold geladen.

Schon in seiner Einleitung ließ dieser keine Zweifel aufkommen. Eine Mehrstaatlichkeit sei in Europa eher die Regel als die Ausnahme. Von völkerrechtlicher Seite gebe es diesbezüglich keine Schranken. Eine Zustimmung Italiens sei rein rechtlich nicht vorgesehen, es sei vielmehr eine politische Frage, ob Österreich Italien einbinden möchte.

Die Südtirolautonomie und die Schutzmachtfunktion Österreichs blieben von der Möglichkeit zum Erwerb der Doppelten Staatsbürgerschaft unberührt – auch weil letzteres ein individuelles Recht jedes Einzelnen sei, während die Autonomie für eine ganze Volksgruppe gelte. In dieser Hinsicht widersprach er den immer wieder von Landeshauptmann Kompatscher vorgebrachten Bedenken, dass eine Gefahr der Schwächung der Schutzmachtfunktion gegeben sei. Eine Staatsbürgerschaft sei eine persönliche Angelegenheit, wobei jeder frei sei, diese anzunehmen oder darauf zu verzichten. Eine Auswirkung auf ein Kollektiv daraus abzuleiten, sei nicht zulässig, so der Wissenschaftler.

Für Prof. Hilpold ist das Gerede um einen europäischen Pass hingegen obsolet. Es sei einleuchtend, dass es für eine europäische Staatsbürgerschaft zu allererst einen europäischen Staat brauche. Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass die Nationalismen in Europa stärker würden und ein solcher deshalb nicht denkbar sei. Mehrfachstaatsbürgerschaften seien hingegen sehr wohl die Regel. Sie relativieren die Grenzen und nehmen diesen die Trennschärfe.

Eine Spaltung der Gesellschaft sieht Hilpold indes nicht. Erstens sei die Angelegenheit zu privat, als dass wirkliches Spaltungspotential auszumachen wäre. All jene, die voraussichtlich zum Erwerb einer österreichischen Staatsbürgerschaft zugelassen werden, könnten dies in freier Entscheidung wahrnehmen oder ablehnen. Jene, die keine Anknüpfungspunkte an Österreich haben, bei denen wird das wirkliche Interesse relativ gering sein. Ein wirklicher Spaltpilz könnte lediglich eine wirtschaftliche Besserstellung sein, was aber durch die EU-Mitgliedschaft beider betroffener Länder auszuschließen sei, so Prof. Hilpold.

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