MERAN – „Die Option 1939 trennte Familien, der Doppelpass 20?? verbindet Völker“. Mit diesem Text und der entsprechenden grafischen Gestaltung auf dem Festwagen des Schützenbezirkes Burggrafenamt – Passeier wollten die Marketenderinnen und Schützen beim diesjährigen Umzug des Traubenfestes, am 20. Oktober 2019, ein breites Publikum für die unheilvolle Geschichte der Option vor 80 Jahren sensibilisieren und gleichzeitig auch die Botschaft hinüberbringen, dass eine doppelte Staatsbürgerschaft damals wie heute die geeignetere Lösung gewesen wäre, die Nationalismen der Staaten zu überwinden. Leider wurde dieses Vorhaben des Schützenbezirkes von der Meraner Kurverwaltung, als Veranstalter des Traubenfestes wegen seines politischen Inhaltes nicht gutgeheißen und verboten. Der Schützenbezirk Burggrafenamt – Passeier hat dieses Verbot dann auch zur Kenntnis genommen, da er als am Umzug teilnehmende Gruppe die Regeln des Veranstalters respektieren musste.
Nun wurde aber kurz darauf am 23. Oktober 2019 über die Südtiroler Medien die Nachricht verbreitet, dass die große Mehrheit der Südtiroler der Idee einer Doppelstaatsbürgerschaft skeptisch bis negativ gegenüberstünde und nur 13% der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols den österreichischen Pass mit Sicherheit beantragen würden. Diese Erkenntnis soll aus einer Umfrage hervorgehen, welche im Frühjahr 2019 vom Institut für Sozialforschung und Demoskopie „apollis“ in Bozen durchgeführt wurde. Als Begründung der Ablehnung werden negative Auswirkungen auf das Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol angegeben.
Auch wenn diese Studie die Stimmung der Südtiroler betreffend die doppelte Staatsbürgerschaft realistisch widerspiegeln sollte, wo liegt da das Problem? Wie kann das Zusammenleben zwischen den Sprachgruppen gefährdet werden, wenn nur eine Minderheit von 13% der Südtiroler(innen) die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen würden? Und es ist doch so, dass niemand in Südtirol gezwungen wird, die österreichische Staatsbürgerschaft zusätzlich zu beantragen und auch die Republik Österreich von sich aus niemanden damit beglücken wird. Wer die zweite Staatsbürgerschaft nicht haben möchte, braucht dafür also keinen Finger zu rühren, außer vielleicht darüber nachzudenken, was wirklich das Zusammenleben zwischen den Volksgruppen stört, wie die wenig aufgearbeitete Geschichte des italienischen Faschismus oder der immer noch vorhandene Italienisierungswahn italienischer Politiker, der letzthin auch für die – von vielen noch nicht wahrgenommene – Aushöhlung der Autonomie mitverantwortlich ist.
In einer Demokratie sollten freie Menschen leben, mit freien Gedanken und freien Handlungen. Frei, sich eben auch als österreichischer Staatsbürger fühlen zu dürfen. Es sollte also keine Leibeigenschaft mehr geben, wo Politiker, Parteien oder Medien das Denken für die Bürger übernehmen. So wie es vor 80 Jahren bei der Option geschehen ist. Wer den Südtirolerinnen und Südtirolern in der heutigen Zeit einreden möchte, das die Beantragung der österreichischen Staatsbürgerschaft etwas Rechtsradikales, Ewiggestriges oder Menschenverachtendes ist, der ist nicht besser als jene nationalsozialistischen Schergen von 1939, welche die damalige Bevölkerung durch gedankliche Kopfwäsche aus der Südtiroler Heimat „heim ins Reich“ getrieben haben.
Die Marketenderinnen und Schützen des Bezirkes werden daher unbeirrt weiter ihren Weg gehen und selbst frei entscheiden, was sie in der Angelegenheit Doppelpass zu tun gedenken.
Der Schützenbezirk Burggrafenamt – Passeier
Bezirksmajor Hannes Holzner