MANTUA – An seinem Sterbeort in Mantua, wird alle Jahre wieder am 20. Februar, dem Todestag des Tiroler Volkshelden Andreas Hofer gedacht. Seit 35 Jahren richtet der Südtiroler Schützenbund, die Gedenkfeier aus. Im Wechsel der Bezirke oblag diesmal dem Schützenbezirk Pustertal die Organisation. Der Einladung waren 35 Fahnenabordnungen mit rund 300 Schützen und Marketenderinnen, sowie Abordnungen von Traditionsverbänden gefolgt.
Nach der Meldung und Frontabschreitung marschierten die Schützen und Abordnungen, aus dem gesamten historischen Tirol, zum Andreas-Hofer-Denkmal im Stadtteil Cittadella. Dort liegt die Todesstätte des Freiheitskämpfers. Die Schützenabordnungen wurden vom Massimo Allegretti, dem Präsidenten des Gemeinderates, in Mantua begrüßt.
Bezirksmajor Erich Mayr begrüßte im Namen des Südtiroler Schützenbundes Bezirk Pustertal alle Gäste. Auch vor dem Hintergrund, dass der rechtsradikale „Veneto Fronte Skinheads“ erst kürzlich Blumen am Andreas-Hofer-Denkmal niedergelegt hatte, würden sich die Schützen ganz klar von rechtsradikalem Gedankengut distanzieren. Es folgten die Grußworte von Dr. Wolfgang Spadinger, dem österreichischen Generalkonsul in Mailand. Dieser meinte, dass Hofer heute ein überzeugter Europäer wäre. Sicher wäre er ein kritischer Geist, u.a. wäre er gegen die ungeregelte Migration.
Nach der Begrüßung wurde mit Landeskurat Pater Christoph Waldner OT und Konzelebrant Pfarrer Don Augusto die Heilige Messe gefeiert. Musikalisch umrahmt von der Schützenkapelle Pichl Gsies. Der Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes erinnert in seiner Predigt, auch an Andreas Hofer: „Andreas Hofer hat seine Zweifel im Glauben durchgestanden. Er hat, von Gebet getragen, seine Entscheidungen getroffen. Diese seine Entscheidungen mögen manches Mal trotzdem falsch gewesen sein, wie auch demokratisch getroffene Entscheidungen manchmal falsch sind. Bitten wir den Herrn, dass er unsere Augen und Ohren, unseren Verstand öffne, damit wir seine Hilfe erkennen.“
Landeskommandant-Stellvertreter Mjr. Heinrich Seyr stellt sich in seiner Gedenkrede (welche wir untenstehend vollinhaltlich veröffentlichen) die Frage: „Gibt es sie noch, die Hofers von heute, jene Menschen die „Mander es isch Zeit“ sagen, die „geat et – gibs et“ sagen. Sind wir überhaupt bereit, unaufgefordert, etwas für unser Land, unsere Heimat, zu leisten?“ und er mahnt an, die Zukunft mitzugestalten: „Es genügt nicht, zu Träumen von der Rückkehr zu Österreich, von Vollautonomie oder Freistaat. Nein, wir müssen etwas dafür tun! Man kann die Zukunft gestalten! Man muss sie gestalten: Das ist unsere Pflicht der Heimat gegenüber.“
Zur Kranzniederlegung erfolgte eine Ehrensalve der Ehrenformation des Bereiches Pustertal Mitte unter dem Kommando von Hauptmann Stefan Liensberger. Hier endete der erste Teil der Gedenkfeier am Andreas-Hofer-Denkmal. Nachher ging es zur Piazza Sordello, von wo der Schützenzug zur Piazza Mantegna und bis in den Innenhof des Palazzo d’Arco marschierte.
Hier, wo Andreas Hofer von einem französischen Militärgericht zu Tode verurteilt wurde, richtete Maddalena Portioli, Vize-Präsidentin des Gemeinderates von Mantua und Prof. Rodolfo Signorini, von der Fondazione Palazzo d’Arco das Wort an die Gäste. Der Kulturbeauftragten des Landes Tirol, Dr. Benedikt Erhard versprach im Namen der Arbeitsgruppe um die Entstehung des Andreas-Hofer-Museums in Mantua, die Eröffnung des Museums im kommenden Jahr, wieder am 20. Februar 2020, 210 Jahre nach Hofers Exekution.
Der ARGE gehören an: Dr. Christoph von Ach, Generalsekretär des EVTZ Europaregion Tirol, Dr. Peter Assmann, Direktor des Palazzo Ducale, Dr. Benedikt Erhard, Kulturbeauftragter des Landes Tirol, Dr. Martin Reiter, Sammler und Verleger, Schützenkamerad Dr. Siegfried de Rachewiltz, Ethnologe, Kulturhistoriker und Schriftsteller, Dr. Paolo Predella, Präsident des Museumsvereins „Porta Giulia Hofer“. Der gebürtige Tiroler Dr. Peter Assmann sprach wohl zum letzten Mal als Direktor des Palazzo Ducale zu den Gästen, da er neuer Geschäftsführer der Tiroler Landesmuseen wird, wo ein Schwerpunkt seiner Arbeit wieder bei Andreas Hofer liegt.
Nach den Dankworten von Bezirksmajor Erich Mayr wurde an der Gedenktafel noch ein Kranz zu Ehren Andreas Hofers niedergelegt. Mit dem Abspielen der Tiroler Landeshymne endete die Gedenkfeier.
Gedenkrede von Mjr. Heinrich Seyr:
Geschätzte Ehrengäste, Liebe Marketenderinnen liebe Schützenkameraden
Ich bedanke mich herzlich beim Schützenbezirk Pustertal für die Einladung, und der mir somit die Möglichkeit gibt an diesem Historischen Ort, meine Gedanken zu Andreas Hofer an euch zu richten.
Beim zusammenstellen dieser Zeilen gingen mir immer wieder der Gedanke durch den Kopf, „was kann ich hier sagen ohne das es in den vergangenen Jahre und Jahrzehnte nicht schon mal gesagt wurde“. Dabei kam ich zur Erkenntnis dass, dies nicht möglich ist, da das Thema sich nicht geändert hat! Letztendlich sagte ich mir, das nicht der Inhalt der Gedenkrede ausschlaggebend ist, sondern es viel wichtiger ist, das wir unsere Vorfahren, deren Taten, deren Einsatz sowie ihre Opferbereitschaft, nicht vergessen. Mir ist es wichtig das wesentliche in Erinnerung zu rufen und mit der Gegenwart zu verbinden.
Heute denken wir zurück, an die Zeit vor über 200 Jahren. 1796 stand Napoleon mit seinen Truppen im Süden, vor den Toren Tirols. Fünf Jahre sollte es dauern, in denen Angriff und Abwehr, Durchzug und Rückzug, Besetzung und Befreiung, vor allem aber Seuchen wie Tyhus und Pocken, übertriebene Abgaben und Forderungen das Leben der Menschen in unserem Land bestimmen sollten.
Das Jahr 1805 brachte erneuten Krieg und schließlich die erneute Besetzung durch feindliche, bayerische Verbände. Und wie es immer ist nach einem Krieg, für die Verlierer kommt es knüppeldick. Wie andere, bereits vorher erworbene Gebiete, sollte auch Tirol damals in eine Einheitsschablone gepresst werden. Die Steuerschraube ins unerbittlich angezogen, es blieb kein Platz für lokale Eigenheiten, Verfassungen oder Sonderrechte. Der Griff ins Vermögen und die beschneidung der Freiheit und Wehrverfassung standen an der Tagesordnung. Die Besatzer gewannen nicht die Herzen, sie hinterliesen den Eindruck, man wolle dem Land den Glauben, das Geld und die Freiheit wegnehmen.
Damals, genau in jener Zeit trat er in Erscheinung, jener Hofer, unser Andreas Hofer, dessen Todestag wir heute gedenken. Vieles, seine Weisungen, seine Briefe, seine Aussagen, das berühmte „Mander, es isch Zeit“ kenne wir, vor allem seine Schwächen wurden in den vergangenen Jahren gerne herausgekehrt. Zur Genüge. Man hatte Angst, der Mythos, der Held Hofer würde zuviel gefeiert, zuviel rückwärts geschaut. Darum hat man sein Wesen und seine Entscheidungen sprichwörtlich auf dem Seziertisch zerlegt und auf einer Waage in Gut und Schlecht ausgewogen. Ist das die Art, wir im 21. Jahrhundert Verstorbenen gedenken wollen?
Fragen wir uns doch, wie sich die Biografie der Protagonisten des öffentlichen Lebens von 2019 einmal lesen wird, wenn wir an deren Beginn immer die Schwächen und Gebrechen der jeweiligen Person setzen. Es sei dahingestellt, wie viele nicht eingehaltene Versprechen, wie viele Doppelzüngigkeiten, wie viele menschliche Fehlgriffe und fragwürdige Entscheidungen dann wohl die Lebensbeschreibung jener anführen würde, die sich von politischer Seite sich eine kritische Hinterfragung Hofers so sehr wünschen. Denken wir nur an die eigene Lebensgeschichte. Wie vieles gebe es sogar im eigenen, in unserem Leben zu hinterfragen, an Lebensweise, an Entscheidungen und an Unerledigtem.
Es ist sicher richtig und wichtig, manches auch kritisch zu hinterfragen. Aber mit Maß und Ziel sollte dies geschen. Und nicht nur eine Aufzählung von allem Negativen sein, ohne das Positive zu erwähnen.
Man vergisst bei der kritischen Durchleuchtung Hofers allzugern, dass Hofer keiner jener heutigen Doppelverdiener war, keiner jener viel zitierten Postenschächer, keiner, der seine eigenen Vorteile vor jenes der Allgemeinheit gesetzt hat. Hätte er es auf Wirtschaftlichkeit angelegt gehabt, hätte er sich am Sandwirtshaus nur stillhalten brauchen. Fleißig Vorspanndienste leisten müssen und dafür österreichisches, französisches und bayerisches Geld einstecken können. Aber er tat das Gegenteil, er rückte aus, hielt seinen Kopf hin für die vermeintliche Freiheit und verbreitete Hoffnung und Träume. Er war keiner, der nur große Worte schwang. Bescheiden, wortkarg und einfach war er, ein Mann der Tat, schon das allein lässt ihn im direkten Vergleich mit seinesgleichen der Gegenwart sehr wohl ein Held und Vorbild sein.
Nun frage ich, was würden wir den vorziehen. Jemand der Hoffnung verbreitet, jemand, der das „geat et – gibs et“ von 1809 ausspricht, oder eine Gesellschaft, die für den augenblicklichen Gewinn die Zukunft verkauft.
Gibt es sie noch, die Hofers von heute, jene Menschen die „Mander es isch Zeit“ sagen, die „geat et – gibs et“ sagen. Sind wir überhaupt bereit, unaufgefordert, etwas für unser Land, unsere Heimat, zu leisten?
Unsere Heimat, unser Südtirol ist – ob wir es schon wahrgenommen haben oder auch nicht, ist großen Gefahren ausgesetzt. So wie auch zu Hofers Zeiten um 1805! Weit über 60 Jahre lang, hat der Staat, dem wir zwangsweise angehören, Schulden gemacht, als gäbe es kein morgen. Um da rauszukommen, werden nun auch wir Südtiroler, mehr denn je, in eine Einheitsschablone gepresst. Die Steuerschraube wird unerbittlich angezogen, es wir kein Platz bleiben für lokale Eigenheiten, Verfassungen oder Sonderrechte. Man wird sich das Geld dort holen, wo etwas zu holen ist. Wer davon noch nicht überzeugt ist, der denke nur daran, mit welch drakonischen Straffen man mitlerweile rechnen muß, wenn man sich im Strassenverkehrs Kodex etwas zu Schulden kommen läst! Wo mitlerweile mit Starfen von 10.000 Euro und mehr zu rechnen ist, bis hin zur Versteigerung des PKWs. Ein Griff ins Vermögen, der – und auch das sind wir uns bewusst – für Italien – keinerlei positive Auswirkung auf die Sanierung haben wird, jedoch für so manchen Bürger existenzielle Probleme nach sich ziehen wird. Italien wird ein Fass ohne Boden bleiben, Italien ist nicht zu retten, für uns Tiroler im Süden braucht es neue Visionen.
Träumen allein genügen dabei freilich nicht. Wir müssen erkennen, dass man diese erst dann verwirklichen kann, wenn wir uns entschließen, einmal daraus zu erwachen. Es genügt nicht, zu Träumen von der Rückkehr zu Österreich, von Vollautonomie oder Freistaat. Nein, wir müssen etwas dafür tun!
Wir müssen uns auf den Weg machen. Was heute als Zukunftsroman beginnt, wird man morgen vielleicht als Reportage einer Erfolgsgeschichte zu Ende schreiben können. Nur Nein-Sager werden die Zukunft von morgen sicher nicht gestalten. Deshalb braucht es Frauen und Männer, die gängige Denkmuster verlassen und über ihren geistigen Tellerrand hinausdenken. Die Geschichte lehrt uns, dass nichts bleibt wie es war, und vor allem, kein Staatsgebilde für die Ewigkeit bestimmt ist.
Zukunft ist meistens etwas, das schon da ist, bevor wir damit rechnen. Deshalb muss für uns gelten, das Vermächtnis Hofers, und das Vermächtnis all unser Vorfahren weiterzutragen. Einzustehen für die Freiheit und gemeinsam, mit allen Menschen guten Willens, an der sicheren Zukunft für ein freies, selbstbestimmtes und vereintes Land zu arbeiten.
An der Vergangenheit kann man nichts ändern. Die Gegenwart kann man manchmal auch nicht ändern. Aber man kann die Zukunft gestalten! Man muss sie gestalten: Das ist unsere Pflicht der Heimat gegenüber.
Schützen Heil