TRAMIN – Volles Haus, prominente Gäste und eine spannende Debatte: Die Podiumsdiskussion der Schützenkompanie Tramin zur doppelten Staatsbürgerschaft war ein großer Erfolg. Hauptmann Peter Geier konnte nicht „nur“ die Diskussionsteilnehmer DDr. Herwig van Staa, Brigitte Foppa, Sven Knoll, Christoph Franceschini und Dr. Peter Hilpold begrüßen, sondern auch fast 300 Zuschauer aus dem ganzen Unterland und darüber hinaus.
Geier betonte in seinen einleitenden Worten, dass die österreichische Staatsbürgerschaft ein Herzensanliegen sei: „Nach 100 Jahren der Trennung könnten jene die es wollen, zeigen, dass sie Österreicher sind und keine Italiener!“ Doch da es auch Bedenken und Ängste gibt, wollte die Schützenkompanie Tramin eine Podiumsdiskussion organisieren und auch konträre Meinungen zulassen, ganz nach dem Untertitel der Veranstaltung: „Chance für die Zukunft oder Schritt in die Vergangenheit?“. Der gebürtige Traminer und langjährige Rai-Journalist Eberhard Daum führte durch den Abend.
DDr. Herwig van Staa, ehemals Landeshauptmann von Tirol, betonte, dass der Doppelpass weder eine Chance noch ein Rückschritt sei, sondern eine Notwendigkeit! Er begründete dies mit dem Aspekt des Minderheitenschutzes. An Italien gerichtet unterstrich van Staa, dass Italien in Sachen doppelter Staatsbürgerschaft selbst sehr großzügig mit seinen Abkömmlingen in Dalmatien, Istrien und Südamerika umgehe und deshalb dieses Recht Österreich nicht absprechen könne. Auch rechtlich sah van Staa keine großen Probleme, z.B. was den Militärdienst anbelangt: „Es gilt die Regel, dass man dort den Präsenzdienst leistet, wo man den ordentlichen Wohnsitz hat.“ Es spreche nichts gegen den Doppelpass.
Dem widersprach die Landtagsabgeordnete der Grünen, Brigitte Foppa. Die Begrenzung der möglichen Antragsteller auf die Deutschen und Ladiner in Südtirol bringe neue ethnische Probleme hervor. Außerdem sei es nicht immer möglich, und auch nicht sinnvoll, klar zu trennen, wer denn nun Deutscher und wer Italiener sei. Sie plädierte deshalb dafür, sich für eine europäische Staatsbürgerschaft einzusetzen: „Das ist unser Ansatz: Nicht eine halbe europäische Staatsbürgerschaft oder mehrere Staatsbürgerschaften, sondern eine echte europäische Staatsbürgerschaft“.
Zustimmung fand Foppa beim Autor und Journalisten Christoph Franceschini. Er zeigte sich überzeugt davon, dass man für Identität und Zugehörigkeitsgefühl keinen Pass brauche. Zudem, so Franceschini, bringe der Doppelpass kaum spürbare Vorteile mit sich. Franceschini rechnete auch nicht mit einer großen Zahl an Antragstellern, weshalb auch die österreichische Politik kaum mehr nach Süd-Tirol schauen würde: „Ich verstehe, dass einige in Österreich wählen wollen, aber es wird nichts an der österreichischen oder italienischen Politik ändern“.
„Die österreichischen Parteien würden sich wesentlich mehr für die Südtiroler interessieren, da es sich dann um eigene Staatsbürger und um Wähler handeln würde“, widersprach der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll. Der Doppelpass sei eine politische Absicherung der Schutzmachtfunktion Österreichs und damit eine Absicherung gegenüber Rom. Das Anliegen sei zudem in mehrfacher Hinsicht europäisch ausgerichtet. Von noch 28 EU-Staaten würden 26 einen Doppelpass in der einen oder anderen Form erlauben. Das Instrument habe sich für viele Minderheiten in Europa bewährt. „Warum sollte das nun ausgerechnet in Südtirol ein Problem sein?“, fragte Knoll. Letztendlich sei es die individuelle Entscheidung jedes Einzelnen: „Niemanden wird etwas aufgezwungen und niemanden wird etwas genommen!“
Der Professor für Völker- und Europarecht, Dr. Peter Hilpold, bestätigte Knoll, was die europäische Dimension anbelangt. Der Doppelpass sei in Europa sehr weit verbreitet und die Vorteile würden die Nachteile um einiges überwiegen. Von einer europäischen Staatsbürgerschaft sei man hingegen meilenweit entfernt, weil diese ein europäisches Volk voraussetze, das es so nicht gibt. Praktisch bringe die österreichische Staatsbürgerschaft u.a. konsularischen Schutz im Ausland und die Möglichkeit dort deutsch zu sprechen, die Möglichkeit der Ausübung gewisser Berufe in Österreich und das Wahlrecht. Zusammenfassend unterstrich Hilpold, dass die Probleme weit geringer seien als oft dargestellt und die doppelte Staatsbürgerschaft sicher als eine Chance zu sehen sei.
Breite Zustimmung zum Doppelpass kam auch aus dem Publikum. In den Wortmeldungen wurde vor allem der individuelle Aspekt des Doppelpasses hervorgehoben und seine identitätsstiftende Wirkung. Am Ende wurde, wie es sich in Tramin gehört, bei einem Glas Wein und mancher weiteren Diskussion, der spannende Abend ausklingen gelassen.