BOZEN – Die SAD AG ist mit rund 550 Mitarbeitern die größte Süd-Tiroler Gesellschaft im öffentlichen Personennahverkehr. Haupteigentümer der SAD ist der Pfalzner Busunternehmer Ingemar Gatterer, dem es sehr wichtig ist, dem Unternehmen mehr Süd-Tiroler Identität zu verleihen. Gatterer ist zudem Ortsobmann der Südtiroler Volkspartei in seiner Heimatgemeinde und aktives Mitglied der Sichelburger Schützenkompanie Pfalzen. Das SSB-Online-Team sprach mit Gatterer über seine Zukunftspläne bei der SAD, über die volkstumpolitische Haltung seiner Partei und über die Misswirtschaft im Staate Italien.
SSB-Online-Team: Du hast den ethnischen Proporz bei der SAD (obwohl ein privates Unternehmen) zur Anwendung gebracht. Wieso?
Gatterer: Als ich die SAD übernommen habe, war es für mich von Beginn an wichtig, dem Unternehmen mehr Südtiroler Identität zu verleihen. Die freiwillige Einhaltung des Proporzes ist neben vielen anderen Maßnahmen, Teil dieser Strategie. Nicht vergessen werden darf nämlich, dass SAD im Ursprung ein Betrieb aus Venedig ist, der von den Faschisten nach Südtirol geholt wurde, um den Nahverkehr in unserem Land besser kontrollieren und steuern zu können. In dieser Zeit wurden vielen deutschsprachigen Busbetrieben die Linienkonzessionen enteignet und in die SAD integriert. Insofern war die Übernahme des Unternehmens aus Südtirol-politischer Sicht auch eine „Rückeroberung“ eines wichtigen Industriezweiges, welcher neben der Energie (…die ebenso zurück geholt wurde…) zu den Kernindustrieen unseres Landes gehört. Aus diesen Gründen wurde SAD in der Vergangenheit teilweise als Fremdkörper in unserem Land wahrgenommen – diese Wahrnehmung möchte ich ändern und das Unternehmen so ausrichten, dass es als Teil Südtirols verstanden wird. Die geplante Abänderung des SAD Logos, oder die statuarische Entnahme des Begriffs „trasporto locale“ stehen ebenso für diese Ausrichtung, wie die genannte Einhaltung von Proporz und Schulung des Personals in Hinblick auf die bessere Verwendung der deutschen Sprache. SAD hat auch ein sogenanntes PPP-Projekt für den anstehenden Ausschreibungswettbewerb entwickelt, um sicherzustellen, dass Wertschöpfung und Beschäftigung dieses Industriezweiges im Land bleibt. Würde nämlich Busitalia, als Tochtergesellschaft der italienischen Staatsbahnen, den anstehenden Ausschreibungswettbewerb in Südtirol gewinnen, hätte Italien wieder das erreicht, was es unter der Faschistenzeit erreichen wollte – nämlich Kontrolle und Einflussnahme auf den öffentlichen Transport in unserem Land sicherzustellen.
SSB-Online-Team: Viele Schützen sind der Meinung, dass die SVP bei patriotischen Themen früher „näher“ am Schützenbund war. Teilst du diese Meinung?
Gatterer: Diese Meinung teile ich absolut. Man muss aber auch kritisch anmerken, dass sich die patriotischen Kräfte in unserer Gesellschaft aus der SVP-Basis selbst zurückgezogen haben. Eine Partei rekrutiert die führenden Köpfe von unten nach oben – wenn also die Personen, welche für heimatpolitische Themen einstehen, bei parteiinternen Wahlen in die jeweiligen Führungspositionen gerade deshalb nicht gewählt werden, da der Entsender – also der patriotische Flügel in der Partei – diese Vertreter nicht wählen kann, da er eben nicht präsent ist, liegt die Schuld zum Teil auch an der heimatorientierten Basis selbst. Die Südtiroler Volkspartei hat sich jedenfalls zweifelsfrei von der politischen Mitte Richtung links entwickelt, was ich als sehr bedenklich empfinde. Die Partei sollte in meinen Augen immer unabhängig bleiben und sich von niemanden binden, beeinflussen oder steuern lassen – der Auftrag in Rom kann nur „Politik für Südtirol“ bedeuten und nichts mehr. Von dieser Richtung hat sich ein Karl Zeller und einige andere verabschiedet. Unabhängig davon, würde ich es jedenfalls befürworten, wenn sich der Schützenbund auch wieder zunehmend politisch engagieren würde, da er eben politische Themen vertritt und diese auch nur über den politischen Weg weiterbringen kann.
SSB-Online-Team: Ginge es Süd-Tirols Wirtschaft ohne die Zugehörigkeit zu Italien besser?
Gatterer: Ich bin überzeugt, dass es Südtirols Wirtschaft ohne die Zugehörigkeit zu Italien besser ginge. Die Steuerlast, die bürokratischen Auflagen und die allgemeine Rechtsunsicherheit ist einfach zu hoch – dies hemmt Entwicklung, freies Unternehmertum und die Bereitschaft Risiken einzugehen. Den Hauptgrund für diese Situation sehe ich in der unterschiedlichen kulturellen Prägung. Der Italiener organisiert Dinge im administrativen, rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben anders, als eine Gesellschaft deutscher Ordnung. Als im Nachkriegseuropa ohnehin alle Bereiche im Aufschwung waren, stellten diese Komponenten keine allzu große Behinderung dar. In der heutigen Zeit, in welcher die Volkswirtschaften immer offener, globalisierter, verflochtener und barrierefreier werden, ist ein Staat, der es nicht schafft Reformen durchzusetzen, Unternehmen in jeglicher Hinsicht zu entlasten, Löhne und Gehälter in der Kaufkraft zu stärken, in Bildung zu investieren und den jungen Menschen Perspektiven und Chancen zu bieten, ein immer größeres Entwicklungshindernis. Aus diesem Grund ist auch die zentralistische Staatsorientierung von Renzi nicht nachvollziehbar. Wir brauchen nämlich eine Entwicklung zu einem größeren und einheitlicheren Europäischen Binnenmarkt und kein Europa von zentralistischen Nationalstaaten.