PRAD – Zu einer Podiumsdiskussion über die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler hatten die Schützenkompanie Prad und der Südtiroler Schützenbund gemeinsam geladen. Mit dem Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer (FPÖ), dem Parlamentarier Albrecht Plangger (SVP), Landeskommandant Elmar Thaler (SSB) und den Landtagsabgeordneten Hans Heiss (Grüne), Sigmar Stocker (F) und Sven Knoll (STF) war nicht nur das Podium prominent besetzt, sondern auch im Publikum fanden sich zahlreiche Politiker. Gekommen waren mehr als 200 Personen.
Nach der Begrüßung durch den Hauptmann der Schützenkompanie Prad, Alfred Theiner, führte Eberhard Daum gekonnt durch den Abend.
Elmar Thaler betonte, dass die doppelte Staatsbürgerschaft eine wichtige Absicherung der Autonomie sei. Denn diese werde auf Dauer dem Druck aus Rom nicht standhalten. Thaler gab zu bedenken, dass man nie wissen könne, was in Zukunft passiere. Wer hätte noch vor Jahren gedacht, dass die Briten aus der EU aussteigen? Dies könne auch mit Italien passieren, und dies wäre ein großes Problem für Südtirol.
Hans Heiss meinte hingegen, dass die doppelte Staatsbürgerschaft nicht notwendig sei. Der Schutz der Südtiroler sei auch so gewährleistet. Zudem fände sich in Österreich keine Mehrheit dazu. Laut Heiss würden sich in Südtirol die zwei großen Sprachgruppen immer noch mit Misstrauen gegenüberstehen. Mit der doppelten Staatsbürgerschaft würde dies weiter verstärkt. Sie wäre ein weiterer Schritt zur Abtrennung von Italien, und die Selbstbestimmung sei dann der nächste Schritt. Deshalb sei sie nicht erstrebenswert. Allerdings gab er zu, dass sich der Druck auf Wien erhöhen würde, wenn viele Südtiroler die österreichische Staatsbürgerschaft hätten.
Daraufhin meinte Sven Knoll, dass jedem Bürger das Recht gegeben werden sollte, selbst zu entscheiden, welche Staatsbürgerschaft er haben wolle. Sven Knoll zeigte sich überzeugt, dass eine einfache Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes in Österreich ausreichen würde, damit die Südtiroler die österreichische Staatsbürgerschaft zusätzlich zur italienischen bekämen. Auch verwies er auf die Bürgerinitiative von über 22.000 Österreichern, welche gefordert hatten, den Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft zu geben. Laut Knoll sei vor allem die SPÖ skeptisch, weil es in Südtirol keine Partei der Sozialdemokratie gebe. Also würden ihr zukünftig Wähler fehlen. Weiters habe die SVP Angst, dass sich österreichische Parteien in die Politik in Südtirol einmischen würden.
Für Albrecht Plangger sei die doppelte Staatsbürgerschaft ein Herzensanliegen der Südtiroler Volkspartei. Es müsse jedoch auch die politische Machbarkeit da sein, in Tirol sowie auch in Österreich. Mehr sei immer gut. Plangger betonte, dass mit der Autonomie viel erreicht geworden sei. Die SVP sei dafür, aber die politischen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Derzeit sei die Verankerung der Schutzmachtfunktion in der österreichischen Verfassung für die SVP wichtiger und auch die Pflichten seien unklar. Dem widersprach Elmar Thaler und übergab ihm das von der SVP in Auftrag gegebene Gutachten von Völkerrechtler Walter Obwexer, in welchem alle offenen Fragen geklärt und somit alle Probleme lösbar seien. Plangger führte weitere Probleme ins Feld. So stellte er die Frage, ob man für die doppelte Staatsbürgerschaft bezahlen müsse oder die jungen Menschen den Wehrdienst ableisten müssten. Diese Frage beantwortete Werner Neubauer mit einem klaren Nein und begründete dies auch. Thaler ermutigte Plangger, das von der SVP in Auftrag gegebene Gutachten zu lesen. Darin seien nämlich alle Fragen ausführlich behandelt. Würden sich Plangger und seine Partei aktiv für die die österreichische Staatsbürgerschaft einsetzen, dann stünden auch die österreichischen Politiker der Schwesterpartei ÖVP dem Anliegen nicht mehr negativ gegenüber.
Interessant für die Zuhörer war auch die Aussage von Hans Heiss, dass er persönlich sich die österreichische Staatsbürgerschaft wünsche, weil er mit Österreich stark verbunden sei. Eine individuelle Vergabe fände er in Ordnung. Eine Vergabe im Block jedoch nicht. Weiter warf er die Frage in den Raum, wer genau sie denn erhalten könne. So befürchte er, dass die Italiener ausgeschlossen würden und beleidigt sein könnten und befürchtete eine Spaltung der Südtiroler Bevölkerung.
Laut Sven Knoll regle das Völkerrecht die Staatsbürgerschaft ganz genau. Die Vergabe im Block – gegen welche Hans Heiss Stellung bezogen hatte – sei gar nicht möglich.
„Alle Parteien sollten in Südtirol an einem Strick ziehen und die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler verlangen“, so der Freiheitliche Sigmar Stocker. Sie sei sehr wichtig und schütze die Autonomie. Deshalb müsse ein gemeinsamer Weg gefunden werden. Er fände es besser, dieses Thema nicht öffentlich wie hier und heute zu diskutieren, sondern diplomatischer im Hintergrund vorzugehen. Auch gäbe es keine Spaltung, wenn sie nur die Deutschen und die Ladiner in Südtirol erhalten würden.
Werner Neubauer ging auf die Sicht Österreichs ein. Er befürworte die Staatsbürgerschaft für Südtiroler. Leider finde die derzeitige Regierung jede Ausrede, diese den Südtirolern vorzuenthalten. Wenn die FPÖ in Zukunft in der Regierung sei, dann würde die österreichische Staatsbürgerschaft ein Teil des Koalitionsabkommen sein.
Abschließend fand Sven Knoll, dass endlich ein gemeinsamer Antrag im Landtag gemacht und der österreichischen Regierung übergeben werden sollte. Die österreichische Staatsbürgerschaft würde aufzeigen, wer die Südtiroler seien und wo sie hingehören.
Viele Teilnehmer meldeten sich anschließend zu Wort. So meinte ein Vinschger, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft wolle, sicherlich aber nicht, um einen Vorteil zu bekommen. Er fühle sich als Tiroler und Österreicher. Ein weiterer Zuhörer erklärte, er fände es legitim, die österreichische Staatsbürgerschaft gemeinsam zu fordern. Seine Ehepartnerin habe die bundesdeutsche Staatsbürgerschaft und seine Kinder hätten beide Staatsbürgerschaften. Dies sei auch kein Problem. Ihm hätten die Argumente für die doppelte Staatsbürgerschaft sehr zugesagt, und er merkte an, dass diese erreicht werden könne, wenn man wolle, auch ohne dass die Autonomie angegriffen werde.
Immer wieder wurde im Zuge der Diskussion die ital. Verfassungsreform angesprochen, welche die Teilnehmer als sehr zentralistisch und kritisch für die Südtirol-Autonomie sahen. Während Plangger die Reform und den italienischen Staat verteidigte, stellten sich alle anderen anwesenden Podiumsdiskussionsteilnehmer klar dagegen. Werner Neubauer ließ mit einem am heutigen Montag zu genehmigenden Dokument der SVP für die Annahme der Verfassungsreform aufhorchen. Er rief dazu auf, dieses Dokument nicht zu unterzeichnen.
Abschließend kann gesagt werden, dass an der österreichischen Staatsbürgerschaft und an der Aufklärung von Missverständnissen diesbezüglich großes Interesse bestand.
Der Südtiroler Schützenbund wird dieses Thema in Zukunft weiterhin diskutieren und somit meinungsbildend in Erscheinung treten. Denn die Südtiroler haben in Italien eine Autonomie, weil sie österreichischer Abstammung sind. Sollte dies die Bevölkerung in Zukunft nicht mehr so sehen, hätte die Autonomie keine Berechtigung mehr und Italien wird für deren Abschaffung sorgen“.