„Wie im Ostblock“?

BOZEN – Senator Hans Berger echauffiert sich heute im Artikel „Wie im Ostblock“ der Neuen Südtiroler Tageszeitung, der auf deren Titelseite übrigens unter der Schlagzeile „Patrioten oder nützliche Idioten“ angekündigt wird, über „die Schützen“ und deren angebliche Abwesenheit in der gegenwärtigen Diskussion um den Grenzzaun am Brenner. Landeskommandant Elmar Thaler reagiert heute darauf.

Sehr geehrter Herr Senator,

jene Politiker, welche die neue Brennergrenze in den letzten Wochen am lautesten kritisieren, waren bisher auch jene, die am vehementesten für die Beibehaltung der Brennergrenze als Staatsgrenze eingestanden sind. Sie inklusive. Das ist uns nicht entgangen und macht uns nicht wenig skeptisch.

Sie scheinen für einen Politiker übrigens denkbar schlecht informiert zu sein. Der (vielleicht) kommende Grenzzaun am Brenner wird nicht – wie Sie andeuten – dazu da sein, „in Ostblockmanier“ die Südtiroler von den Nordtirolern zu trennen. Sondern eine geregelte und kontrollierte Einreise von Migranten nach Österreich zu gewährleisten. Ein Land, in dem allein im Vorjahr 90.000 Asylanträge gestellt worden sind und eine ungleich höhere Zahl vorübergehend Zuflucht gesucht hat. Im Vergleich – in Österreich erblicken jährlich 90.000 Kinder das Licht der Welt.

Als vor einiger Zeit der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban gemeint hat, er möchte einen Zaun an der Südgrenze zu seinem Land aufstellen, war man in Österreich empört darüber. Nun lässt mit Faymann einer jener Männer einen Zaun an Österreichs Außengrenzen bauen, der vorher zu den schärfsten Kritikern Orbans gehört hat. Und ich warne davor, sich allzusehr über Österreich auszulassen, vielleicht gehören gerade jene, die heute Österreich kritisieren, in einem halben Jahr zu jenen, die notgedrungen aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse eine Grenzziehung weiter südlich als in Tirol fordern müssen. Südtirol sollte mit seinen rund 1.000 aufgenommenen Migranten hier wohl ganz kleinlaut bleiben!

Die neue Situation am Brenner lehrt uns jedenfalls, dass die Zäune nicht nur in unseren Köpfen existieren, sondern sporadisch – aus den verschiedensten Gründen – immer wieder auftauchen werden. Und deshalb ist es wichtig, gerade in Zeiten wie diesen darüber nachzudenken und dann ein für allemal festzulegen, auf welche Seite des Zaunes wir hingehören.

Wir Schützen werden unseren Glauben an das geeinte Tirol nicht von einer Grenze, die für uns eh schon seit bald 100 Jahren ununterbrochen besteht, abhängig machen. Denn allein Reisefreiheit, Währungsunion und der freie Warenverkehr eliminieren noch keine Grenze.

Ich habe mit meinem Kollegen, dem Landeskommandanten Fritz Tiefenthaler deshalb erst in den letzten Wochen fest vereinbart, dass wir als Reaktion auf den vielleicht kommenden Grenzzaun die Beziehungen zwischen den Schützenbünden sogar noch intensivieren werden. Das würden wir uns auch von der Politik erwarten. Zumindest Anzeichen gibt es dafür noch keine. Sondern wir erleben gerade – auch dank Ihnen – das Gegenteil davon.

Elmar Thaler
Landeskommandant

Brenner, Grenzzaun, Kontrollen
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