Mißbrauch sterblicher Überreste in den faschistischen Mausoleen (Burgeis, Gossensaß und Innichen) zur Zierde der durch Tirol verlaufenden Unrechtsgrenze.
„Will man einer Minderheit ihre Identität nehmen, so muß man ihr auch ihre Symbole nehmen. Genau dies ist auch in Südtirol geschehen. Die Italiener hatten sich ihr Symbol geschaffen, das Siegesdenkmal; jetzt ging es um die Beseitigung bzw. Zerstörung der wichtigsten Südtiroler Denkmäler, die Symbolcharakter hatten: das Waltherdenkmal, den Laurinbrunnen … und das Bozner Museum“ (Südtirol im 20. Jahrhundert, Rolf Steininger, S. 105 ff).
Das Waltherdenkmal wurde in einem Hinterhofpark versetzt, der Laurinbrunnern wurde zerstört und als Kriegsbeute in das Kriegsmuseum nach Rovereto gebracht, der Turm des Museums wurde abgerissen, um so auch die äußere Gestalt des Museums zu italianisieren. Erst nach langjährigen Verhandlungen konnte das Waltherdenkmal 1981 wieder auf seinem angestammten Platz zurückkehren, das Laurindenkmal wurde in den achziger Jahren restauriert und steht seither auf dem Platz vor dem Landhaus, und das Bozner Museum erhielt seinen Turm wieder zurück. Seit dem Machtantritt des Faschismus wurden in Südtirol u.a. folgende Denkmäler zerstört bzw. von ihrem Standort entfernt:
- Das Bronzestandbild von Balthasar Trogmann in Meran;
- das Kriegerdenkmal in Brixen; das Kriegerdenkmal in Bruneck;
- das Tiroler Kaiserjägerdenkmal in Bozen, auf dessen Grundfesten das Siegesdenkmal errichtet worden war;
- das Denkmal Erzherzog Heinrichs in Gries und das Standbild der Kaiserin Elisabeth in Meran, das zwar belassen, aber mehrfach durch Abschlagen des Kopfes entehrt wurde, so daß es im Jahre 1933 bereits den vierten Kopf trug (Alfons Gruber, Südtirol unter dem Faschismus, S. 146 ff).
Heute aber stehen neben anderen faschistischen Denkmälern, die im Rahmen dieser „Aussendereihe des SSB über fortlebende faschistische Relikte in Südtirol“ noch besprochen werden, die drei Mausoleen (Gebeinhäuser) an den Grenzen Italiens, und zwar auf der Malser Heide in unmittelbarer Nähe von Burgeis und einige Kilometer vor dem Reschenpaß, bei Gossensaß und bei Innichen. Diese in den dreißiger Jahren in Grenznähe errichteten Gebeinhäuser täuschen falsche historische Tatsachen vor und sollten einen völlig verdrehten Tatbestand glaubhaft machen. „Hier waren Präpotenz und Überheblichkeit, weit mehr noch aber ein beispielloser Mangel an Ehrgefühl am Werke. Durch diese Mausoleen sollte nämlich der Eindruck erweckt werden, daß die hier beigesetzten Soldaten auch in diesen Gebieten – für die Eroberung Südtirols natürlich – gefallen wären, womit in den Augen der Einreisenden die Überzeugung vom rechtmäßigen Besitz dieses Landes durch Italien verstärkt werden sollte“ (Othmar Parteli, Geschichte des Landes Tirol, Bd. 4/1, S. 266 f).
So kamen die Faschisten im Zuge „ihrer nationalistischen Glorifizierung“ auf die Idee, die Gebeine von im Isonzogebiet Gefallenen und die sterblichen Überreste der in österreichischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen italienischer Soldaten zu exhumieren und in diesen Mausoleen beizusetzen.
Im April und Mai 1938 wurden unter der Leitung des italienischen Feldkaplans Don Antonio Animale über Auftrag des „S.E. il Commissario del Governo per Onoranze ai Caduti die Guerra“ 179 italienische Soldaten, die zum Großteil erst nach dem Ende des 1. Weltkrieges gestorben sind, und 54 österreichische Soldaten und italienische, in Bozen verstorbene Kriegsgefangene im italienischen Soldatenfriedhof St. Jakob exhumiert und in das Gebeinhaus auf dem Reschen überführt. Hier handelt es sich um eine Verdrehung der Geschichte durch Vortäuschung falscher Tatsachen: Die österreichischen Soldaten, die für ein einiges Tirol und für ihr Vaterland Österreich – Ungarn ihr Leben geopfert haben, werden zu „soldati“, zu „militari“ der italienischen Armee der Jahre 1915 bis 1918 gemacht und als „Caduti italiani“ – wie dies am Eingang des Mausoleums zu lesen ist – begraben. Welch eine Niedertracht! Welch ein Hohn auf geschichtliche Tatsachen, auf Ehre und Treue des Soldaten! Alles hat sich dem Faschismus und Imperialismus unterzuordnen; es gibt keine Rücksicht auf die Identität eines Landes und seines angestammten Volkes. Nicht viel anders steht es um die Gebeinhäuser in Gossensaß und Innichen.
Im „Ossario“ von Gossensaß, auf dem die Aufschrift prangt „Sacra sia la via agli italiani, dove passarono i fanti“ (Heilig sei den Italienern der Weg, auf dem die Infanteristen vorrückten) sind in erster Linie italienische Kriegsgefangene bestattet, die auf dem Weg ins Gefangenenlager in Nordtirol auf Grund eines Eisenbahnunglückes beim Pflerscher Tunnel tödlich verunglückt waren. Sie wurden exhumiert und im Gossensasser Beinhaus beigesetzt, so als wären sie im Brennergebiet im offenen Kampf gefallen. Auf ähnliche Weise wurde schließlich auch in Innichen gehandelt, dort wurden die Gebeine aus dem Raume des Isonzo herbeigeschafft. Mausoleum mit Inschrift bei Gossensaß Wäre es nicht höchst an der Zeit, diese üble, beleidigende und verletzende Verzerrung der Geschichte, diese alle europäischen Ideale beschämenden faschistischen Relikte zu beseitigen? Der Südtiroler Schützenbund ruft dazu alle europäischen Demokraten auf.