Der Kapuziner-Wastl in Bruneck

Denkmal der Schande, Denkmal der Besatzungsmacht, Denkmal der Kriegsverbrecher, Denkmal der Faschisten, Denkmal der Giftgas-Mörder, Gesslerhut für Tirol.

Geplagt vom Größenwahn eröffnete am 3. Oktober 1935 Mussolini in Ostafrika den größten Kolonialkrieg der Geschichte. Eine Feuerwalze von 400 000 modernst gerüsteter Soldaten, dreimal soviel wie Amerika beim Überfall auf den Irak, sollte einen Blitzsieg über die oft nur mit Lanzen und Gewehren kämpfenden Soldaten des Kaisers von Äthiopien (Abessinien) erzwingen. Das Land, obwohl seit 1923 Mitglied des Völkerbundes, erhielt von Genf nur moralische Unterstützung. Die Männer des Negus, ihre Geländekenntnisse nutzend, leisteten zähen und tapferen Widerstand. Zur Jahreswende 1935/36 drohte den Italienern ein peinliches Fiasko auf breiter Front. Den vor der ganzen Welt unsterblich blamierten „Heldenarmeen des Duce“ blieben mit dem Einsatz von Giftgas aus der Luft ein letztes Gegenmittel. Am 23. Dezember wurden, sozusagen als christliche Weihnachtsgabe, die ersten Fässer mit Giftgas abgeworfen. Wahl- und rücksichtslos traf es Truppen, Bauern, Viehhirten, Flüchtlinge an den Ufern des Tacazze.

Der britische Arzt John Melly, Leiter des Britischen Roten Kreuzes im Kriegsgebiet, berichtete entsetzt und empört: „Das ist kein Krieg, es ist auch kein Blutbad, es ist eine Folterung von Zehntausenden wehrlosen Männern, Frauen und Kindern mit Bomben und Giftgas“.

Der Delegierte des Internationalen Roten Kreuzes, Marcel Junod, beschrieb was er als Augenzeuge vorfand: „Überall liegen Menschen. Zu tausenden liegen sie da…. An ihren Füßen, an allen Gliedern sehe ich grauenhafte, blutende Brandwunden“.

Italien perfektionierte, am Boden hilf- und sieglos, den Gaskrieg und setzte über lange Zeit Senfgas, Arsen, Phosgen und Yperit ein und hinterließ eine Spur des Grauens. Die italienische „Spezial-Bombe C 500 T“ enthielt bei 220 kg Gewicht nicht weniger als 212 kg Senfgas. Insgesamt wurden von dieser Mordwaffe 4600 Stück im Mutterland Italien bestellt und 3300 geliefert und eingesetzt. Dazu kamen zahlreiche kleinere Bomben und Granaten, ein Arsenal verbrecherischen Grauens. Es ist hier nicht der Raum, um auch nur einen annähernden Überblick zu geben, Einzelheiten sind dem Buch „Experimentierfeld der Gewalt“ (siehe Literaturverzeichnis) zu entnehmen.

Das Entsetzen über die Giftgaseinsätze darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Italien das ganze Instrumentarium der Kriegs- und Völkerrechtsverbrechen eingesetzt hat. Bezahlte oder erpreßte Söldner, Schwarzhemdeneinheiten der Faschisten, Carabinieri und Alpini folterten und vergewaltigten, schufen Gefängnisse, plünderten und brandschatzten und brachten planmäßig die Eliten der Äthiopier um. Abessinien war damals nicht der Eingang in die Hölle, es war die Hölle.

Die faschistischen Irrungen und Wirrungen machten leider auch vor der Kirche nicht halt. Der Bischof von Cremona, zum Beispiel, tönte vollmundig: „Der Segen Gottes möge auf jenen Soldaten ruhen, die in afrikanischer Erde kämpfen, neues fruchtbares Land für den italienischen Genius erobern und dabei römische und christliche Kultur verbreiten!“. Oder der nationale Fanatiker, Dominikanermönch und Missionar, Reginaldo Giuliani (1887-1936), der auf einem „neuen Kreuzzug“ als Ritter im Zeichen des Kreuzes Eritrea vom Islam befreien wollte und dabei ums Leben kam. Die faschistischen Machthaber setzten ihren Kreuzzüglern Denkmäler des Imperiums; so ist auch heute noch in Bozen, in der Nähe des „Siegesdenkmals“ eine Straße nach Pater Giuliani benannt.

Hunderte von Heiligen- und Madonnenstatuen wurden im Mutterland feierlich geweiht und gesegnet und dann nach Abessinien gebracht. Man kann nur hoffen, daß die Kirche nicht wußte was sich im afrikanischen Unterdrückungsgebiet wirklich abspielte. Ihre zahllosen Feldkapläne fühlten sich mehr als Mitunterdrücker und weniger als Vertreter des Christentums. Zwei Anmerkungen zum Schluß: Die geplante Anklage gegen Italien vor einem internationalen Gerichtshof entfiel, weil es im 2. Weltkrieg rechtzeitig auf die Seite der Sieger wechselte. Und als besonderer Treppenwitz der internationalen Moral und des schlechten Gewissens des demokratischen Italiens nach 1945: Italien zahlte an Äthiopien insgesamt 25 (in Worten: fünfundzwanzig) Millionen Dollar Wiedergutmachung!

Bruneck, Faschismus, Kapuziner-Wastl
Die faschistischen Mausoleen (Beinhäuser)
Der Justizpalast in Bozen

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