Deutschland ist nach 1945 entnazifiziert und auf Grund deutscher Ländergesetze „politisch gesäubert“ worden; die Besatzungsmächte gingen gegen ehemalige Nationalsozialisten vor, um sie zu bestrafen und möglichst aus allen staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Stellungen zu entfernen; nationalsozialistische Denkmäler und Benennungen von Städten, Straßen, Plätzen, Dörfern und Weilern usw. wurden beseitigt.
Nicht so in Südtirol: „Die durch die faschistische Regierung und Partei geschaffenen Zustände wurden nicht abgeschafft (…), sondern wieder hergestellt und verschärft.“ (SVP am 19. Mai 1945 in einem Protestschreiben an die alliierte Militärregierung). Und in der Tat wurden in der Verwaltung und im öffentlichen Leben die faschistisch-nationlistischen Prinzipien mit aller Schärfe und Konsequenz fortgesetzt und angewandt; so lebte z.B. Ettore Tolomei, „der Totengräber Südtirols“ und des Tiroler Volkes südlich des Brenners, Mitglied Nr. 1 der faschistischen Partei, faschistischer Senator Nr. 1, seit 1945 in Rom und wurde 1946 wegen seiner Verdienste um die Italianität Südtirols (gewaltsame Entnationalisierung und Assimilierung) als Senator auf Lebenszeit bestätigt.
Und was die faschistischen Denkmäler, Embleme und Symbole anging, hat das demokratische Italien große Anstrengungen unternommen, wenn es um deren Restaurierung und sogar um deren Vollendung ging. Wer dies überprüfen bzw. verifizieren will, kann in Bozen die Zeichen dieser Politik an den Wänden der vom Staat mit öffentlichen Mitteln errichteten Gebäude sehen. In der Mitte der Fünfziger Jahre wurden in der Hauptstadt Südtirols zwei in faschistischer Zeit projektierte Bauwerke fertig gestellt: der Justizpalast und das Finanzamt (1957!). Der italienische Politiker und Philosoph Guido Calogero hat eine eindrucksvolle Beschreibung dieser Baumonumente verfaßt, die als Symbol der italienischen Politik in Südtirol zwischen 1949 und 1959 gelten können (Claus Gatterer, Im Kampf gegen Rom, S. 1010 ff.). Auf dem Relief über dem Hauptportal (des Finanzamtes) prangt ein enormer Mussolini zu Pferde, die Hand zum faschistischen Gruß erhoben. Rundum finden sich die Abkürzungen aller Massenorganisationen der faschistischen Ära … sowie das Datum E(ra) F(ascista) XX, … unter dem Bauche des Pferdes … liest man das schicksalhafte faschistische Motto: „Glauben, gehorchen, kämpfen“ (credere, obbedire, combattere)!