INNSBRUCK – Am Samstag, den 30. Jänner 2016 ist der ehemalige Freiheitskämpfer und Komponist Prof. Dr. Günther Andergassen unter großer Anteilnahme von Freunden und Bekannten aus ganz Tirol in der Wiltener Basilika im Kreise seiner Familie verabschiedet worden.
Professor Andergassen war in den 1960er Jahren Mitglied des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) und nach der Feuernacht sogar dessen Obmann. Die Wiedervereinigung Tirols war ihm zeitlebens ein Herzensanliegen.
Günther Andergassen war als Komponist einer der bedeutendsten Repräsentanten der Tiroler und der österreichischen Musikwelt sowie ein großer Musikwissenschaftler und Musikpädagoge. Er erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, unter anderen die Päpstliche Medaille für seine Sakralmusik-Kompositionen, das Verdienstkreuz des Landes Tirol sowie das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Den in Margreid in Südtirol geborenen Günther Andergassen haben seine Herkunft, das Erleben des Faschismus, Heimattreue und Heimatliebe geprägt. Es waren außerordentliche Erlebnisse, die ihn mit klarer Überlegung und Entschlossenheit auf seinen selbst gewählten Weg geführt haben. Für seinen Einsatz in führender Position im Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre wurde er im Zweiten Mailänder Prozess zu 30 Jahren Haft verurteilt. Davon verbrachte er sieben Jahre in verschiedenen italienischen Gefängnissen.
Mjr. Efrem Oberlechner sprach Namens des Südtiroler Schützenbundes die Abschiedsworte für Prof. Günther Andergassen:
Lieber Günther!
Die beste Beschreibung über dich hast uns du selbst geliefert, indem du in deiner Autobiografie geschrieben hast: „Wollte man mich als Person einordnen, würde man mich weder extrem „links“ noch extrem „rechts“ unterbringen. Am ehesten gehöre ich einer „extremen Mitte“ an, wenn es die gäbe.“
Und so warst du wirklich: extrem ausgeglichen konntest du sein, extrem begabt warst du auf alle Fälle, extrem feinfühlig und gewissenhaft, auch extrem hartnäckig, wenn es die Situation verlangte.
Und darüber hinaus warst du – und das bestimmte dein Leben – extrem heimatverbunden. Letzteres hat dir, dem Freiheitskämpfer, eine Verurteilung zu 30 Jahren Haft eingebracht – weil du dir für deine Südtiroler Heimat in deren schwersten Stunden auch als Künstler, als Musiker, als Professor nicht zu schade warst.
Einzustehen und Hand anzulegen, dort, wo die Politik kläglich versagt hatte. Du wolltest dich nie verstecken hinter Anonymitäten. Und weil du vielleicht auch zu wenig vorsichtig warst, hast du dann auch 7 Jahre davon absitzen müssen.
Das alles hat dich aber nicht davon abhalten können, weiterhin mit mahnenden Worten einzustehen, für deine Südtiroler Heimat, für unsere deutsche Muttersprache und gegen faschistisches Unrecht, das du aus erster Hand selbst erlebt hast. Vom fremdsprachigen Unterricht, vom verbotenen Deutschunterricht bis hin zur Option. In deren Zuge dein Vater entschieden hatte, euer geliebtes Südtirol zu verlassen und auszuwandern. Um dir eine bessere Ausbildung – eine Ausbildung in deiner Muttersprache − zu ermöglichen.
Der Abschied damals, 1940 von den Morgateggerlen im Tschapit am Schlern, von dem du uns oft so beeindruckend erzählt hast. Das alles hat dich extrem geprägt. Und dein Leben bestimmt. Und uns bist du damit zum Vorbild geworden. Was du als Freiheitskämpfer getan und bewirkt hast, wie klein und unbedeutend ist doch unser Einsatz im Verhältnis dazu.
Lieber Günther! Ich soll dich ein letztes Mal grüßen, von den Tiroler Schützen in allen Landesteilen. Und Vergelt’s Gott sagen, für alles, was du für deine Heimat getan hast. Vergelt’s Gott Günther.