AUER – Kürzlich besuchten 35 Mitglieder und Freunde der Schützenkompanie Nals die Sonderausstellung „Zwischen Mythos und Realität | 1915-1918 | Standschützen und I. Weltkrieg“ in Auer, um sich über die geschichtlichen Hintergründe zum Ausbruch, Verlauf und Ende des für unser Land wohl einschneidendsten Ereignisses zu informieren: Den Ersten Weltkrieg, der Tirol vor 100 Jahren auch unmittelbar erreichte.
Der ehemalige Bezirksmajor des Schützenbezirkes Süd-Tiroler Unterland und Experte zu den geschichtlichen Ereignissen dieser Zeit, Thomas Winnischhofer, führte die Gruppe durch die Ausstellung. Seinen Vortrag eröffnete er mit den Hintergründen des Ausbruchs und dem Verlauf des ersten Kriegsjahres, in dem an der Ostfront in Galizien abertausende Tiroler Soldaten der kaiserlichen Armee – Kaiserjäger und Landesschützen – regelrecht verheizt wurden. Im Gegensatz zu Russland war Österreich-Ungarn der moderne Krieg mit seinen Massenvernichtungswaffen nämlich noch völlig unbekannt und so rannten und ritten die Soldaten völlig unzureichend geschützt und vorbereitet direkt in den sicheren Tod. Die ursprüngliche Kriegseuphorie wandelte sich bald in blankes Entsetzen.
Als 1915 mit der Kriegserklärung Italiens an Österreich der Krieg vor die Tiroler Haustür rückte, waren die Tiroler Standschützen (zu jung oder zu alt, um als reguläre Soldaten eingezogen zu werden) das letzte Aufgebot und zogen ohne jede Begeisterung, aber mit bitterer Entschlossenheit aus, um ihre Heimat zu verteidigen. Innerhalb weniger Stunden und Tage mussten Stellungen ausgehoben und dem Feind eine viel größere Besatzung vorgetäuscht werden. Was dann folgte, waren drei Jahre voller Entbehrungen und großen Leidens. An der Front, wo neben dem feindlichen Beschuss noch viel mehr Lawinen und Krankheiten die Männer dahinraffte. Unvorstellbares Leid herrschte aber auch in der Heimat, in der fast die gesamte männliche Bevölkerung fehlte und auch schon bald nach Ausbruch des Krieges großer Hunger herrschte. Als die verbliebenen Soldaten nach Hause zurückkehrten, betrug ihr Durchschnittsgewicht unvorstellbare 48 Kilogramm.
Thomas Winnischhofer beendete seine überaus interessante Führung mit einem Zitat des Präsidenten der EU-Kommission Jean-Claude Juncker: „Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!“
Die Sonderausstellung „Zwischen Mythos und Realität | 1915-1918 | Standschützen und I. Weltkrieg“ im Widum Auer kann noch bis zum 8. Mai 2016 besichtigt werden.
Schwerpunkt der Schau bilden der Krieg in Fels und Eis sowie die Tiroler Standschützen. Nachgebaute Schützengräben und Unterstände versetzen die Besucher der Ausstellung in die Zeit des Ersten Weltkrieges. Zahlreiche Exponate vervollständigen das Bild vom Krieg in den Tiroler Bergen vor 100 Jahren. Unter den Ausstellungsstücken findet man unter anderem zahlreiche Originaluniformen. Die Ausstellung beinhaltet zudem verschieden Audio- und Videoprojektionen, szenische Darstellungen, didaktische Schautafeln, historische Fotos, Sammlungen von Orden, authentische Nachbauten, alte Waffen und vieles mehr. Nicht zuletzt wird auf lokale Gegebenheiten des Unterlandes eingegangen, wie etwa im Bereich Luftfahrt auf die damaligen K.u.k-Militärflugfelder von Auer und Neumarkt, oder die Geschichte der Fleimstalbahn und des Soldatenfriedhofs von Auer.
Öffnungszeiten
Bis zum 8. Mai 2016 jeweils
Freitags: 18.00 – 21.00 Uhr
Samstags: 09.00 – 12.00 Uhr und 15.00 – 19.00 Uhr
Sonntags: 15.00 – 19.00 Uhr
Für größere Gruppen empfiehlt sich außerdem eine Führung.
Anmeldung unter Tel. +39 339 318 96 96