BOZEN/EDINBURGH – Als unglaublich großen Erfolg wertet der Südtiroler Schützenbund das Unabhängigkeitsreferendum der Schotten. Nicht der Ausgang der Abstimmung ist für Südtirol zentral, sondern schon allein die Tatsache, dass abgestimmt werden konnte. Ein schottisches Aye hätte auf Südtirol insofern keine direkten Auswirkungen gehabt – als dass jedes Volk die finale Entscheidung für sich selbst treffen muss. Der Weg zur Abstimmung aber hat gezeigt, dass selbst wenn der Zentralstaat eine Sezession nicht vorsieht, diese mit genügend Druck ohne weiteres mittels Volksentscheid herbeigeführt werden kann.
Von Herzen hätte der Südtiroler Schützenbund und viele Menschen in unserem Land den Schotten die Unabhängigkeit gegönnt. Trotz Niederlage bleiben aber durch die Begleiterscheinungen im Vorfeld der Abstimmung letztendlich gewaltige Vorteile für das schottische Volk. So musste Premierminister David Cameron den Schotten große Zugeständnisse für den nun eingetretenen Fall der abgelehnten Selbstständigkeit machen. Die schottische Regierung unter First Minister Alex Salmond wird diese Chance zu nutzen wissen. Er kann sich an den nun möglichen Ausbau sehr weitreichender autonomer Kompetenzen heranwagen und die scheinbare Niederlage leicht wettmachen.
Überhaupt sind die Schotten um ihren First Minister und seine Tatkraft zu beneiden. Während andere Völker in Europa der Zentralregierung scheinbar bedingungslos die Stange halten, hat es Alex Salmond mit einem Husarenstück verstanden, sich in kürzester Zeit von einem unbedeutenden Politiker in einer Kleinpartei zu einem der beachtetsten Sterne am europäischen Polithimmel zu mausern. Und hier liegt auch nach wie vor das Potential für die Signalwirkung für unser Land. Die neuen Chancen, die sich für Schottland bieten sind nicht durch zaudern entstanden, sondern durch selbstbewusste und visionäre Tatkraft. Das wünscht sich der Südtiroler Schützenbund auch für die Politik im eigenen Lande.
Wenn nun Schottland das gewünschte Ziel nicht erreicht hat, bietet sich für Südtirol sogar eine neue Chance – nämlich es besser zu machen und jene Schwachpunkte zu beheben, die für die knappe Niederlage der Schotten wohl ausschlaggebend waren. Diese fußen wohl in der bei der Bevölkerung spürbaren Unsicherheit und der Überhand der englischtreuen Medien.