GAIS – Ein großer Erfolg war die szenische Lesung „Inferno Tesselberg 10.09.1964“, welche kürzlich der Schützenbezirk Pustertal gemeinsam mit dem Südtiroler Schützenbund in Gais veranstaltet hat. Über 500 Personen waren in den Pfarrsaal gekommen, welcher nicht alle Besucher fassen konnte.
1964 überfielen Polizei und Militär das kleine Dorf Tesselberg am Berghang oberhalb von Gais. Die Dorfbewohner erlebten an jenem Tag ein Inferno. Auf der Suche nach Südtiroler Freiheitskämpfern wurden die Dorfbewohner wie Tiere zusammengetrieben, Männer mussten stundenlang gefesselt am Boden liegen, Kinder wurden von Polizisten eingekreist. Scheunen wurden abgebrannt, Häuser geplündert, Handgranaten in Häuser geworfen und durch die Fenster auf Menschen geschossen. Ein behindertes Mädchen wurde verletzt und konnte nicht verarztet werden. Und dies war noch nicht der Höhepunkt. Die Tesselberger entgingen knapp einer Katastrophe, als ein hoher Offizier die Nerven verlor und die Hinrichtung unschuldiger und unbeteiligter Dorfbewohner befahl. Dass es nicht dazu gekommen ist, ist wahrscheinlich nur einem einzigen Menschen zu verdanken.
Begrüßt wurden die Zuhörer vom Gaisinger Hauptmann Gerald Leiter und Bezirksmajor Haymo Laner. Nach einem einführenden Prolog wurde in einem Gespräch zwischen einem jungen Pfleger und einem Heiminsassen die jüngere Geschichte des südlichen Teils Tirols und des Infernos von Tesselberg erzählt. Parallel dazu wurden Bilder der damaligen Zeit eingeblendet und verschiedene Zeitzeugenberichte wurden verlesen. So auch die Geschichte des „Puschtra Buibm“ Sepp Forer. Dieser erzählte selbst, wie sich er und seine Kameraden damals in Tesselberg versteckten und 1200 Soldaten nach ihnen vergeblich suchten. Während der gesamten Szenen kamen viele Emotionen hoch und ein Stimmungsbild von der damaligen Zeit konnte gezeichnet werden. Die szenische Lesung konnte überzeugen. Der tosende Applaus belegte dies. Alle Teilnehmer waren angetan von den damaligen schlimmen Ereignissen.
Im Anschluss an die Aufführung sprach Bezirksmajor Haymo Laner davon, dass die jüngere Geschichte endlich aufzuarbeiten sei. Der Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit Mjr. Efrem Oberlechner regte an, dass dies auch die offizielle Politik unterstützen sollte. Er kritisierte, dass die öffentlich rechtlichen Fernsehsender zu diesem Ereignis nichts Ausreichendes ausgestrahlt haben. Mit den ihnen zur Verfügung stehenden Millionenbeträgen sollte dies eigentlich möglich ein. Dass dies ausschließlich der Südtiroler Schützenbund in ehrenamtlicher Arbeit übernehmen müsse, sei ein Armutszeugnis für die Fernsehmedienlandschaft in Südtirol.
Bezirkskulturreferentin Verena Obwegs, Autorin des Textes, sprach an, dass von damals noch vieles im Dunkeln liege. Es sei auch nicht leicht gewesen, das nachzuempfinden und in Szene zu setzen, was die Menschen damals erlebt haben. Einen Dank richtete sie auch an die Redner und Schauspieler Reinhold Bacher, Stefan Liensberger und Fausto Menardi sowie an die Mitglieder der Arbeitsgruppe Haymo Laner, Christian Steger und Efrem Oberlechner.
Der Abend wurde mit dem Gedicht „Wo sein se heint?“ des Mundartdichters Reinhold Bacher abgeschlossen. Der Schützenbezirk Pustertal informiert abschließend, dass die Szenische Erzählung auf einfache Art und Weise auch von anderen Kompanien aufgeführt werden kann. Die medialen Unterlagen (Ton, Präsentationen, Ablauf) werden den Kompanien zur Verfügung gestellt.