Berliner Vereinbarung über die Umsiedlung vor genau 75 Jahren − Südtiroler Schützenbund: die von Hitler und Mussolini als „ewig“ erklärte Grenze hinterfragen
BOZEN – Der Südtiroler Schützenbund erinnert in seiner heutigen Aussendung an die Konferenz in Berlin am 23. Juni 1939, also vor genau 75 Jahren, bei der von höchsten Vertretern des Deutschen Reiches und Italiens die Abwicklung der Umsiedlung besprochen wurde. Anwesend waren dabei u.a. der Reichsführer-SS Heinrich Himmler, der italienische Botschafter Attolico und Mastromattei, der Präfekt von Bozen. Genau einen Monat vorher, am 22. Mai 1939, hatten Hitler und Mussolini den Stahlpakt abschlossen und damit die deutsch-italienische Grenze für unantastbar erklärt.
Mit der Option wurden die Südtiroler vor eine Wahl gestellt, die zu den größten Einschnitten unserer Geschichte gehört: entweder in der Heimat zu bleiben und dafür Italiener zu werden; oder weiterhin deutsch zu bleiben und dafür die Heimat verlassen zu müssen. Letztlich wanderten von den ca. 90 Prozent, die für Deutschland optiert hatten, ungefähr 75.000 Südtiroler aus. Von diesen kehrte nach Kriegsende ca. ein Viertel als Rücksiedler nach Südtirol zurück.
Diese von zwei Diktatoren aufgezwungene Entscheidung, welche nicht nur die Familien, sondern die gesamte deutsche und ladinische Südtiroler Bevölkerung vor eine schwere Zerreißprobe stellte und so viel Streit und Leid verursachte, wirkte sich zugleich aber auch äußerst negativ auf die politischen Möglichen am Ende des Zweiten Weltkriegs aus“, so die Historikerin und Kulturreferentin des Südtiroler Schützenbundes, Margareth Lun.
Aufgrund des eindeutigen Optionsergebnisses zugunsten des Deutschen Reiches, der Zerstrittenheit der Südtiroler, vor allem aber aufgrund des mangelnden historischen Hintergrundwissens übergaben die Amerikaner nach Kriegsende die Verwaltung des Landes nicht an Südtiroler, sondern an das „Italienische Befreiungskomitee“, das für einen Verbleib bei Italien kämpfte.
In Bezug auf heute sei es vor allem bedenklich, dass es für viele politische Verantwortungsträger im Land immer noch kein Thema sei, die von Hitler und Mussolini 1939 als „ewig festgelegte Grenze“ zu hinterfragen, so Lun.
Es sei höchst an der Zeit, an anderen Zukunftsmodellen zu arbeiten und auf eine Trennung von Italien hinzuarbeiten, so die Kulturreferentin des Südtiroler Schützenbundes, die darauf hinweist, dass auch eine Wiedervereinigung Deutschlands immer als undenkbar abgetan wurde.