PRAD – Zum 14. Vinschger Bezirksfest in Prad am Stilfserjoch waren rund 1.000 Schützen aus allen Teilen Tirols und aus Bayern gekommen. Zum Auftakt des dreitägigen Bezirksschützenfestes wurde am Freitagabend am Hauptplatz der Große Österreichische Zapfenstreich von der Musikkapelle Prad und der Ehrenformation der Vinschger Schützen aufgeführt. Anschließend fand ein Fackelumzug statt.
or dem Festakt am Sonntag fand eine Feldmesse bei der St. Johann Kirche statt, die von Pfarrer Georg Martin zelebriert und von der Musikkapelle Prad musikalisch mitgestaltet wurde. Pfarrer Martin rief die Schützen dazu auf, ihre Aufgabe in dieser Welt mit den Augen eines Adlers zu suchen und sie auch im Sinne Gottes zu erfüllen. Im Anschluss daran wurde die renovierte Bezirksfahne gesegnet. Sie war 1909 als Fahne der Schützenkompanie Glurns angeschafft und 1979 zur Bezirksfahne auserkoren worden. Die Fahne wird nach wie vor von der Schützenkompanie Glurns verwahrt, die auch den Bezirksfähnrich stellt.
Bezirksmajor Peter Kaserer begrüßte alle Anwesenden und betonte in seinen Grußworten, dass das Ziel ein Europa als ein Dach für unabhängige Nationen und Staaten sein müsse.
Nur wenn die Entscheidung vom Volk in diesem Sinne selbstbewusst, selbstbestimmt und selbstverantwortlich getroffen werde, sei sie nachhaltig“, so Kaserer.
Das Europa der Regionen entstehe aber nicht von alleine. „Wir sind als Volk gefragt“, unterstrich der Bezirksmajor. Die Beispiele Schottland und Katalonien zeigten, dass es durchaus möglich sei, etwas zu bewegen. Peter Kaserer forderte auf, „die Machtverhältnisse so zu schaffen, wie wir sie haben wollen“. Denn die Aussage, dies sei nicht möglich, dürfe es nicht geben.
In dieselbe Kerbe schlug auch Festredner Werner Neubauer, der dem österreichischen Nationalrat angehört. In der Vergangenheit hätten die Tiroler mit Waffengewalt für ihre Selbstständigkeit kämpfen müssen. Heute müsse man auf demokratischem und politischem Wege das „Los von Rom“ erreichen, auch wenn manche Politiker diesbezüglich nicht Farbe bekennen wollten. Dazu könne jeder Bürger seinen Beitrag leisten, betonte der FPÖ-Politiker. Sich für das Volkstum und die Identität Südtirols einzusetzen, erfordere Standhaftigkeit und Mut, meinte Neubauer. „Wir werden diesen Weg gemeinsam gehen, auch wenn wir nicht wissen, wie lange er ist.“
Es sei wichtig, dass die Bürger zwischen den Wahlen klar sagten, wohin der Weg gehen soll, bekräftigte Elmar Thaler, der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes.
Wenn wir das Bekenntnis zum geeinten Tirol immer wieder ablegen, werden die Politiker in diesem Sinne handeln.“
Bürgermeister Hubert Pinggera gratulierte den Prader Schützen zur Veranstaltung des Bezirksschützenfestes. Deren Kommandant Alfred Theiner dankte der Prader Bevölkerung für ihre Unterstützung.
Anschließend fand der Abmarsch zum Festplatz statt, wobei bei der Pfarrkirche „Maria Königin“ die Defilierung abgenommen wurde. Die Musikkapellen Reschen, Matsch und Tschengls gaben dann ihre Konzerte.
Fotos vom Großen Österreichischen Zapfenstreich
Fotos vom Festumzug
Festrede von N.Abg. Werner Neubauer
Wir stehen hier am Fuße des Ortler, des höchsten Berges Tirols, einer durch das Blut der Landesverteidiger geheiligten Bergfestung.
Ich bin Oberösterreicher. Meine Heimat hat eine enge Beziehung zu Tirol. Sie unterstand nämlich ebenso wie Salzburg dem Militärkommando Tirol. Das hatte zur Folge, dass auch zahlreiche Oberösterreicher zu Tiroler Truppeneinheiten einberufen wurden und dass alle oberösterreichischen Regimenter an der Südfront eingesetzt wurden.
Als sich zu Jahresbeginn 1915 abzeichnete, dass Italien den Bündnisvertrag brechen und seinem eigenen Verbündeten Österreich-Ungarn in den Rücken fallen werde, begann man in Tirol die Standschützen als letztes Aufgebot zu mobilisieren. Zusätzlich rief man in Salzburg, Kärnten, der Steiermark und in Oberösterreich Freiwillige zu den Waffen, um Tirol zu verteidigen.
In Oberösterreich folgten wie in Tirol junge Schüler, Lehrlinge, Bauernbuben und Gymnasiasten und alte Männer jenseits des regulären Dienstalters dem Aufruf zu den Waffen. Ein ganzes Regiment Freiwilliger Oberösterreichischer Schützen zog mit 1.200 Mann an die Südfront.
Am Ende des Krieges fand hier am Ortler ein Ereignis höchster Symbolkraft statt: Die freiwilligen Schützen aus Salzburg, Kärnten, der Steiermark und Oberösterreich verteidigten bis zum letzten Kriegstag zusammen mit den Standschützen den Ortler und damit Tirol.
Als am 3. November 1918 die Nachricht vom Waffenstillstand auf dem Ortler eintraf und der Befehl zum Abzug verlautbart wurde, weigerte sich die Ortler-Besatzung zunächst, diesem Befehl nachzukommen. Sie hisste nochmals die schwarz-gelbe Fahne des alten Österreich auf dem Gipfel und es bedurfte aller Autorität der Offiziere, die Besatzung zur Räumung des Frontabschnittes zu bewegen.
Gegen alle Befehle machte die Kampfgruppe Madatsch-Gletscher noch am 4. November 1918 – nach eingetretenem Waffenstillstand – von der Waffe Gebrauch, widersetzte sich so der italienischen Gefangennahme und schlug sich gewaltsam in die Freiheit durch.
Der freiwillige oberösterreichische Schütze Johann Kienesberger aus Ebensee schrieb über den Abmarsch nach Nordtirol in sein Tagebuch: „Leute weinten bei unserem Durchmarsch, denn sie wussten bereits, dass sie jetzt italienisch werden.“
Die Leute wurden italienisch, aber nur äußerlich, nicht im Herzen!
Die ehemaligen Landesverteidiger verteidigten Tirol nun mit den Waffen des Herzens und des Geistes. Zusammen mit ihren Familienangehörigen und mit der Unterstützung heimattreuer Priester hielten sie den verbotenen Katakomben-Untericht in Kellern, in Stadeln, in Wäldern und auf Berghütten ab. Sie sorgten dafür, dass der deutsche Laut im Lande nicht verstummte, dass die eigene Kultur nicht unterging.
Der Name Reut-Nicolussi, des Verfassers des Buches „Tirol unterm Beil“, steht hier für viele andere.
Die Geschichte der Landesverteidigung von 1915 bis 1918 gleicht einem Heldenlied wie der Nibelungensage.
Von gleicher Größe aber ist die Geschichte des Kampfes um das Volkstum bis heute. Es ist außergewöhnlich, dass eine so vielfach bedrängte Volksgruppe sich durch nahezu 100 Jahre kulturell behaupten und den Willen zur Freiheit bewahren konnte.
Dazu haben die Landesverteidiger des Ersten Weltkrieges beigetragen. Dr. Reut Nicolussi leitete nach 1945 die Landesstelle für Südtirol in Innsbruck. Er kämpfte mit den Mitteln der Politik für die Wiedervereinigung Tirols.
In Oberösterreich stellte sich der hoch dekorierte oberösterreichische Kaiserschützen-Oberleutnant Otto Alteneder an die Spitze des neu gegründeten Bergisel-Bundes.
Für solche Leute ist der Kampf um Tirol erst zu Ende, wenn das Land wieder vereinigt ist.
Ich bin als junger Schüler mit Patrioten wie Otto Alteneder noch zusammen gekommen.
Ich habe im Linzer Stadtmuseum Nordico im Jahre 1985 die ergreifende Bildausstellung über die Freiwilligen Schützen und Standschützen mit gestaltet und ich habe anlässlich der Ausstellungseröffnung die alten Herren getroffen, die 1915 als Jungen an die Südfront gezogen waren und die sich nun im hohen Alter noch immer zu den Idealen ihrer Jugend und zu ihrer Verbundenheit mit Tirol bekannten.
Es gibt also eine innere Verbundenheit meiner Heimat mit dem Freiheitsanliegen Tirols!
Es ist daher kein Zufall, dass an dem Freiheitskampf Tirols in den Sechzigerjahren eine Reihe von Oberösterreichern teilgenommen und dafür auch Kerkerjahre auf sich genommen hat.
Sie wollten in den Sechzigerjahren jenen Tirolern zur Seite stehen, die ebenso wie 1915 als Freiwillige alles für die Heimat gaben.
Der Name Josef Tschenett auch Lichtenberg, Schützenhauptmann der Kompanie Prad, steht hier für viele andere, derer wir auch voll Dankbarkeit gedenken.
Wären die Verteidiger des Ortler heute unter uns, würden sie uns wohl fragen, was wir für die Freiheit und Einheit Tirols leisten wollen.
Es geht dabei nicht mehr um schwere Opfer wie in der Vergangenheit.
Italien hat auf gesetzlichem Wege im Verfassungsrang das Menschenrecht auf Selbstbestimmung anerkannt. Damit kann und muss jegliche Auseinandersetzung auf friedlichem Wege mit ausschließlich politischen Mitteln geführt werden.
Jeder Bürger kann heute an seinem Platz und mit seinen Möglichkeiten etwas Gutes beitragen.
Die Schützen halten die alten Freiheitsideale in den Herzen der Jugend lebendig. Sie erfüllen damit eine Aufgabe, vor der die Politik und die Schule aus Opportunismus, aus Feigheit und aus Bequemlichkeit so vielfältig versagen.
Die Schützen blicken in die Zukunft, bewahren aber aus dem Erbe der Väter das Gute.
Dazu gehört die Identität des Volkes und seiner Kultur. Es gibt ein Menschenrecht, sich gegen eine Überfremdung zu stellen und mit den Mitteln der Politik dagegen zu wirken.
Es geht aber auch um die Bewahrung von Grundwerten unserer abendländischen Kultur, die durch das Christentum geprägt ist. Man muss sich nicht in die Kette der Narren einreihen und jede Blödheit des Zeitgeistes bejubeln.
Ihrer Geschichte und ihrer Zielsetzung gemäß sollen die Schützen das mahnende Gewissen des Landes sein!
Die Schützen handeln richtig, wenn sie sich weigern, sich mit der Rolle einer Folklore-Truppe zu bescheiden, die für bunten Aufputz bei Politiker-Empfängen zu sorgen hat.
Die Schützen verkörpern viel mehr.
Die Schützen handeln richtig, wenn sie den Gedanken der Freiheit zu einem vorrangigen Anliegen machen.
In Österreich werde ich als parlamentarischer Südtirol-Sprecher meiner Partei manchmal gefragt, ob die Südtiroler überhaupt das „Los von Rom“ wollen.
Aus den Erklärungen mancher Südtiroler Politiker ist nämlich eher das Gegenteil zu entnehmen.
Ich zeige dann gerne ein paar Fotos von dem Freiheitstag in Meran her und diese sagen genug aus. Es ist wohl kein Zufall, dass die Landespolitik deshalb keinen zweiten Unabhängigkeitstag wünscht.
Vor kurzem haben wir auch einen unsäglichen Sager eines Jünglings gehört, der österreichischer Außenminister ist. Er hat auf einem Parteitag und wohl auf Bestellung die Anhänger der Selbstbestimmung „Ewiggestrige“ genannt.
Ein grundlegendes Menschenrecht derart zu verunglimpfen, spricht nicht für den Minister, aber noch weniger für seine Einflüsterer. Wo diese sitzen, wissen wir.
Diese Figuren werden ebenso wie der dumme Ausspruch in der Vergessenheit der Geschichte versinken.
Die Schützen werden dieser Vergessenheit nicht anheimfallen. Sie werden als Beispiel von Stetigkeit und Treue ihren Platz in der geschichtlichen Erinnerung des Volkes erhalten.
Ich gratuliere der Führung des Schützenbundes dazu, dass sie sich geweigert hat, das Bekenntnis zur Unabhängigkeit, Freiheit und Landeseinheit durch das abverlangte Bekenntnis zu dem Phantom einer nur auf dem Papier bestehenden „Europaregion“ zu ersetzen.
Standhaftigkeit erfordert Mut. Ihr Schützen habt diesen Mut und ihr habt auch Klugheit in der Verfolgung der Ziele bewiesen.
Dafür danken euch alle Freunde in Österreich. Wir stehen zusammen. Wir gehen einen geraden Weg!
Wir wissen nicht, wie lange er noch ist. Wir wissen aber, dass er zum Ziel führt, wenn wir nicht die Richtung verlassen!
Grußworte von LKdt. Elmar Thaler
Geschätzte Ehrengäste, liebe Vinschger Schützen, Tiroler Landsleute alle.
Zum 14. Bezirksschützenfest darf ich die besten Grüße der Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes überbringen. Seit 3 Tagen wird in Prad, bei einer der ältesten Schützenkompanien im Vinschgau gefeiert, Tiroler Frohsinn und Gesinnung gelebt. Bald 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg blüht das Schützenwesen hier im Westen Tirols immer noch und immer mehr und gerade Feste wie diese sind Balsam auf der Seele eines jeden, der von italienischer Misswirtschaft genug hat. Ein solches Fest gibt Mut, genau jenen Mut, den wir endlich brauchen, um in aller Freundschaft endliche neue Wege zu gehen und nicht zuzulassen, dass die Zugehörigkeit eines Teiles unserer Heimat zu Italien weiter die Lebensleistung einer ganzen Generation zerstört. Und ich danke dem Herrn Pfarrer für seinen treffendens Gleichnis. So wie der Adler im Hühnerstall den Mut bekommen hat an sich zu glauben und zu erkennen, dass er kein Huhn ist nur weil er im Hühnerstall aufgewachsen ist, sollten auch wir unser Adlererlebnis haben und erkennen, dass wir keine Italiener sind, sondern freiheitsliebende, stolze Tiroler.
Während die Begriffe Sezession und das Streben nach Selbständigkeit in den letzten Monaten in Osteuropa vor allem einen kriegerischen Beigeschmack hatten, sind Schützen und viele heimatverbundene Menschen, ausgehend vom Unabhängigkeitstag im Meran vor fast genau einem Jahr, das übrigens nächstes Jahr am 23. Mai eine Neuauflage erfahren wird, sich Tag für Tag damit zu beschäftigen, wie man den berühmten Spagat schaffen kann, um schließlich und endlich auch in Sachen friedlicher Loslösung vom fremden Staat eine Vorbildregion in Europa zu werden.
Dass sich unser Bestreben nach Freiheit und Unabhängigkeit gegen niemanden richtet, zeigen solche Feste wie es dieses heute eines ist am Besten. Nicht Krieg und Gewalt, nicht die Aversion gegen jemanden, sondern Frohsinn, Schaffensfreude und eine gesunde, sympathische Portion Tiroler Sturschädel sollen uns dabei begleiten. Denn gleich wichtig, wie es ist, wenn Wahlen sind, das Wahllokal aufzusuchen, ist es ebenso wichtig, sich zwischen den Wahlen mit der eigenen Meinung einzubringen, und den Politiker zu sagen, was sich die Menschen wünschen, wohin der Weg gehen soll. Nur wenn wir unseren Willen für eine freie Zukunft immer wieder bekunden, nur wenn wir unser Bekenntnis zur Landeseinheit immer wieder erneuern, und das macht ihr Vinschger Schützen mit der Ehrenkompanie aus See ja vorzüglich, nur dann wird die Politik auch danach handeln.
In diesem Sinne wünsche ich uns, dass uns die renovierte Vinschger Schützenfahne den Weg in die Freiheit weiße und wir alle gemeinsam weiterhin alles für die Freiheit und das gemeinsame Tirol geben mögen.