MANTUA – Auch 2014 stand Mantua am 20. Februar im Mittelpunkt des Todestages von Andreas Hofer. Die diesjährige Gedenkfeier, zu der rund 40 Fahnenabordnungen aus dem historischen Tirol mit 400 Schützen angereist waren, wurde vom Schützenbezirk Brixen ausgerichtet.
Am Morgen begrüßte Bezirksmajor Helmut Oberhauser im Stadtteil Cittadella, der Erschießungsstätte Hofers, nach der Frontabschreitung und einem Einzug alle Anwesenden. Anschließend zelebrierte Chorherr Dr. Arthur Schmitt gemeinsam mit Don Giorgio die Messfeier, die von der Musikkapelle Latzfons, welche in voller Stärke mitgereist war, musikalisch mitgestaltet wurde.
Der Bürgermeister von Mantua, Nicola Sodano, ging in seiner Rede auf die große Freundschaft zwischen Mantua und Südtirol ein. Mantua schloss Andreas Hofer in sein Herz, als er in Ketten in die Stadt geführt wurde. Es brauche heute wieder Menschen mit Vorbildfunktion, so wie es Hofer heute noch ist.
Landesrätin Dr. Martha Stocker erinnerte in ihrer Gedenkrede nicht nur an Andreas Hofer, sondern auch an die Optionsjahre vor 75 Jahren und an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren.
Im Mut zum aufrechten Gang in Freiheit, der aber auch um das Maß weiß, das Verantwortung heißt und das auch die Freiheit der anderen miteinschließt; in der Verantwortung für ein solidarisches und in Generationen denkendes Handeln und im verantwortungsvollem Umgang mit dem, was uns überantwortet wurde, im Wissen um den Wert des Friedens, der mehr ist als nur die Abwesenheit von Krieg, und im glaubwürdigen Handeln.“ (Martha Stocker).
Mit einer Ehrensalve der Ehrenformation des Schützenbezirks Brixen ging der erste Teil zu Ende.
Im Palazzo d’Arco, wo Andreas Hofer der Prozess gemacht worden war, lobte Prof. Rodolfo Signorini die Schützen, in ihren Herzen stecke das gleiche Ideal, wie das von Hofer. Heute zähle oft nur mehr das Geld auf dem Konto. Die wahre Krise sei jedoch der Verlust der ethnischen Werte. Mit der Kranzniederlegung vor dem Mahnmal im Palazzo d’Arco endete die würdige Gedenkfeier.
Gedenkrede von Landesrätin Dr. Martha Stocker
Sehr geehrte Teilnehmer und Teilnehmerinnen an dieser Gedenkveranstaltung!
Wenn wir dieses Jahr am Todestag von Andreas Hofer innehalten, dann haben wir nicht nur diesen Gedenktag und die Freiheitskriege vor Augen, sondern auch die Erinnerung an die Option vor 75 und an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren.
Das Gedenken an Andreas Hofer, das nachdenkliche Betrachten der Freiheitskriege zeigt uns einerseits den bedingungslosen Einsatz für die Heimat und die Freiheit, die Größe der Siege und es lässt uns auch die Ur-Kraft im Entgegenstellen gegen den napoleonischen Imperialismus erahnen.
Die Freiheitskriege zeigen uns aber auch die Zerrissenheit, die Ausweglosigkeit, die Verlassenheit von Menschen, Andreas Hofers zumal. Sie zeigen uns zudem die Unfähigkeit aufzugeben, von einem einmal eingeschlagenen Weg abzugehen, auch wenn man weiß, dass eigentlich alles verloren ist.
Trotzdem: Besonders sichtbar bleibt der Einsatz für die selbstbestimmte Freiheit, die „Freiheit des Adlers“, ein Einsatz, der in der Tradition der Tirolischen Landesverteidigung bis zur äußersten Konsequenz selbst eingebracht wird. Dies in erster Linie von Andreas Hofer, dem großartigen und tragischen Helden, der hier in Mantua erschossen wurde und der vor allem im Angesicht des Todes seine Würde, seine Größe, gelebt hat, auch dadurch, dass er dabei noch an andere gedacht und sie auch mit Geld bedacht hat.
Erfassbar wird im Rückblick auf diese Zeit auch der Wert des Friedens: Wer um das Ende der Befreiungskriege mit dem Grauen weiß, das in Tirol einzog mit gehängten Freiheitshelden, verwaisten oder niedergebrannten Höfen, zusammengeschossenen Familien, Beschlagnahme von Tieren und Lebensmitteln, der wird auch wissen, dass Friede nie genug wertgeschätzt wird, ein Wert übrigens, der – aufgrund der Kriegserfahrungen in Europa – das wesentliche Fundament der EU ist.
Sichtbar wird auch, wie schwer sich Menschen tun, Mut mit Maß zu vereinen und wie belastend Verantwortung ist: Andreas Hofer ist ein Beispiel dafür. An dieser Verantwortung ist er schließlich auch zerbrochen, aber er hat sie auch bis zur letzten Konsequenz angenommen.
Mit dem ersten Weltkrieg, der vor 100 Jahren begann, mit dem Untergang der alten Welt hieß es für Südtirol Abschied nehmen vom Vaterland.
Man richtete sich nun an dem aus, was noch verbleiben war: an Grund und Boden, Haus und Hof, eben an der unmittelbaren Heimat und an der sprachlich und kulturellen Rückzugsheimat.
Aber auch in all dem wurde man in der Zeit des Faschismus zunehmend mehr entheimatet und schließlich ging man in der Option vor 75 Jahren noch der letzten Grundsicherheiten verlustig.
Man verlangte von den Menschen eine Zwangsentscheidung, die Sprache und Kultur von der Heimat trennte, Identitätsfundamente, die für uns ganz selbstverständlich zusammengehören.
Trotz und gerade wegen dieser schmerzlichen Erfahrungen nahmen die Menschen in Süd- Nord- und Osttirol, mit Unterstützung ganz Österreichs, die neuen Herausforderungen nach dem 2. Weltkrieg an.
Sie taten dies auch in einem unverbrüchlichen Gottvertrauen mit viel persönlichem Einsatz und in den 60er Jahren auch mit Einsatz des eigenen Lebens, um den nachfolgenden Generationen Zukunft im eigenen Land zu ermöglichen.
Mit der zunehmenden Absicherung unserer Rechte als Volksgruppen sind Grundsicherheiten zurückgekehrt, die uns nicht leichtfertig werden lassen dürfen, sondern die uns Verpflichtung sein müssen.
Wir können heute auch die Einheit mit unserem Vater- oder Mutterland selbstverständlich – wenn auch nicht staatlich vereint – leben, wenn wir es nur wollen. Nur: wir müssen auch – als nun erwachsene Kinder – etwas für den Erhalt dieser Beziehungen tun und im tatsächlichen wie übertragenen Sinne mehr Verwandtenbesuche machen.
Ein neuer Auftakt, ein neuer Anlauf für ein verstärktes, vertieftes, auch stärker institutionalisiertes Miteinander, v.a. ein Miteinander Tun, ist angesagt und ich bin nicht nur zuversichtlich, ich bin sicher, dass dieses auch erfolgt.
Tirol hatte lange bevor es Nationen und die europäische Union gab, eine überregionale Bestimmung auf der Nord- Südachse. Dies und die Verantwortung aus der Geschichte, unser besonderes Schicksal und auch das Beispiel von Menschen, die uns vorausgegangen sind und die beispielhaft gehandelt haben, auch in ihren Fehlern, verpflichten uns in unserem Handeln. Dazu gehören neben Andreas Hofer auch Josef Mayr-Nusser, Sepp Kerschbaumer, Eduard Wallnöfer und Silvius Magnago, deren 100 jährige Geburtstage erst gefeiert wurden.
Ihnen sind wir verpflichtet in unserem Einsatz für das Eigene, für verstärkte Eigenverantwortung, für Sprache, Tradition und Kultur und für ein Europa der Heimaten;
Im Mut zum aufrechten Gang in Freiheit, der aber auch um das Maß weiß, das Verantwortung heißt und das auch die Freiheit der anderen miteinschließt;
in der Verantwortung für ein solidarisches und in Generationen denkendes Handeln und im verantwortungsvollem Umgang mit dem, was uns überantwortet wurde, im Wissen um den Wert des Friedens, der mehr ist als nur die Abwesenheit von Krieg, und im glaubwürdigen Handeln.
Vieles davon waren auch Eigenschaften, Einstellungen und Werthaltungen, welche v.a. auch die vorhin genannten Brückenbauer im europäischen Sinne ausgezeichnet haben und die jene ungebrochenen und glaubwürdigen Autoritäten sind, zu denen wir aufschauen können und die dazu beigetragen haben, die gemeinsame Heimat Tirol und auch das Europa der Heimaten voranzubringen.