„Spurensuche“ im Burggrafenamt: Faschismus in Ortsnamen weiter gepflegt

LANA – Am Vorabend des 25. April, an dem italienweit die Befreiung vom Faschismus gefeiert wird, machte die SOKO „Tatort Alto Adige“ (www.toponomastik.com) in einem Diskussionsabend darauf aufmerksam, dass der Faschismus auch in den faschistischen Ortsnamen noch weiterlebt und weiter gepflegt wird.

Wie groß der Informations- und Diskussionsbedarf zu dieser Frage nach wie vor ist, zeigte erneut die gut besuchte Veranstaltung im Raiffeisenhaus in Lana zum Thema „Aktion Ortsnamen – Spurensicherung im Burggrafenamt“, zu der die Schützenkompanie Lana gemeinsam mit der vom Südtiroler Schützenbund ins Leben gerufenen SOKO Tatort „Alto Adige“ und der Schützenbezirk Burggrafenamt geladen hatten.

Nach einer Einführung durch Egon Zemmer als Vertreter der SOKO Tatort „Alto Adige“ zeigte Roland Ventir in seinem Impulsreferat die sprachgeschichtliche Entstehung der Ortsnamen auf. Anschließend erläuterte Dietmar Weithaler die biografischen Hintergründe Ettore Tolomeis und analysierte dessen Vorgangsweise bei seinem Vorhaben, Südtirol flächendeckend zu italianisieren. Über die rechtlichen Grundlagen der Toponomastik und die Handhabung der Ortsnamenfrage in anderen europäischen Minderheitengebieten klärte schließlich die Historikerin Margareth Lun auf.

Im Mittelpunkt des Abends stand eine Podiumsdiskussion mit Barbara Prugger (SMG-Leitung in der Unternehmenskommunikation), Alois Kröll (Bürgermeister von Schenna), Mjr. Hansjörg Ainhauser (als Vertreter des Südtiroler Schützenbundes und Präsident des Tourismusvereines Schenna), Georg Simeoni (Erster Vorsitzender des AVS), sowie Arno Rainer als Sprecher der SOKO Tatort „Alto Adige“.

Als Moderator durch den Abend führte gekonnt Alfred E. Mair, der bereits nach einer kurzen Statementrunde am Podium das Publikum einlud, an der Diskussion teilzunehmen.

Barbara Brugger betonte, dass gerade das Zusammenwirken der verschiedenen Sprachen und Kulturen im Land das Besondere ausmache, was gut beworben werden könne. Die SMG wurde allerdings aus dem Publikum mehrmals scharf kritisiert, vor allem, weil sie bei der Werbung im nicht deutschsprachigen Ausland (außer in Tschechien) prinzipiell die italienischen Ortsnamen an die erste Stelle setzt und Südtirol als eine „nur etwas andere“ italienische Provinz anpreist.

Hansjörg Ainhauser berichtete, dass der Tourismusverein Schenna mit den deutschen Ortsnamen werbe. Für ihn sei nur die historische Lösung die korrekte, doch wies er auch darauf hin, dass die Toponomastik für viele Verbände nur eine marginale Rolle spiele. Wenn aber etwas erreicht werden solle, müsse auch von den Verbänden mehr Druck auf die Politik gemacht werden. Besonders enttäuscht hätte ihn beim neuen Ortsnamengesetz, dass die faschistischen Gemeindenamen flächendeckend erhalten geblieben seien.

Der AVS-Vorsitzende Georg Simeoni unterstrich, dass er als Privatperson zwar eindeutig für die historische Lösung sei, dass der AVS aber aufgrund der Eingabe beim Staatsanwalt und durch den Rechnungshof gezwungen war, die einsprachigen Wegeschilder wieder zu entfernen. Diese waren mit öffentlichen Beiträgen angeschafft worden und müssen somit zweinamig sein. Der AVS stehe aber nach wie vor zur Verwendung der deutschen Ortsnamen.

Alois Kröll, Bürgermeister von Schenna,  erklärte, dass die Neubeschilderung für die Fraktion Verdins bereits in Auftrag gegeben sei. Die italienische Bezeichnung „Verdines“ sei nämlich weder in Militärkarten eingetragen noch eine Tolomeische Erfindung, und deshalb gar nicht amtlich. Insgesamt sei er der Meinung, dass die historische Lösung zwar die beste sei, dass man sich aber damit abfinden müsse, dass die rechtliche Situation eine andere sei.

Arno Rainer verlieh seinem Wunsch Ausdruck, dass auch die Regierungspartei einsieht, dass nur die korrekte, wissenschaftliche Lösung in der Toponomastik – nämlich die historische Lösung mit der Beibehaltung der geschichtlich gewachsenen italienischen Namen und der Abschaffung der faschistischen – auch eine dauerhafte Lösung sein kann. Vor allem forderte er aber dazu auf, nicht die Verantwortung von sich zu schieben, indem man sich einfach am Status quo in der Ortsnamengebung orientiere und den Ball der Politik zuspiele. Nur wenn von den Verbänden, von der Öffentlichkeit und durch Zivilcourage mehr Druck auf die Politik gemacht werde, werde sich je etwas zum Positiven verändern.

Zahlreiche Fragen und Denkanstöße aus dem Publikum bereicherten die Diskussion.

Faschismus, Ortsnamen, Toponomastik
Aktion Ortsnamen – Spurensicherung im Burggrafenamt
Mitgliederstatistik des SSB 2013

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