MANTUA – Ganz im Zeichen des Todestages vom Psairer Sandwirt Andreas Hofer stand am Mittwoch, den 20. Februar 2013 die Gedenkfeier in Mantua, zu der rund 40 Fahnenabordnungen aus dem historischen Tirol mit 400 Schützen angereist waren. In diesem Jahr war der Schützenbezirk Pustertal der Ausrichter der traditionsreichen Veranstaltung.
Am Morgen begrüßte Bezirksmajor Haymo Laner im Stadtteil Cittadella, der Erschießungsstätte Hofers, nach der Frontabschreitung und einem Einzug alle Anwesenden.
Der Bürgermeister von Mantua, Nicola Sodano, ging in italienischer Sprache kurz auf die Geschichte ein. Hofers Tun und Handeln könnte Inspiration für uns alle sein, in Frieden und Freundschaft zu leben.
Anschließend zelebrierte Bezirkskurat Michael Bachmann die Messfeier, die von der Schützenkapelle Pichl musikalisch mitgestaltet wurde. „Man sei heute an einen geschichtsträchtigen Ort, um an etwas zu erinnern, was uns wichtig sei“, meinte Bachmann in seiner Predigt. „Für Hofer sei Glaube, Heimat und Familie von derartiger Relevanz gewesen, dass er dafür sein Leben gab. In der heutigen Zeit, wo man so viele leere Worte höre, bräuchte es Taten“, so der Bezirkskurat.
Landeskommandant-Stellvertreter Mjr. Heinrich Seyr zog in seiner Gedenkrede eine nüchterne Bilanz, wenn man sich die letzten 200 Jahre anschaue. Andreas Hofer wäre enttäuscht, wenn er sehen könnte, wie sich die Leute heute für das Land einsetzen. Manche seien nur auf das „Ich“ bezogen, manchen sei das Thema Selbstbestimmung sogar peinlich. Menschen wie Hofer fehlten uns. Die Jugend gebe neue Hoffnung. „Die berühmten Worte ‚Mander es isch Zeit‘ seien uns Auftrag, bis die Heimat frei und wiedervereint sei“, so Major Seyr abschließend.
Mit einer Ehrensalve der Ehrenkompanie des Tauferertales, unter dem Kommando von Hauptmann Erich Kirchler und einer Kranzniederlegung ging der erste Teil zu Ende.
Eine Neuerung gab es im Anschluss, als die Schützen das erste Mal durch Mantua marschierten. Im Palazzo d’Arco, wo Andreas Hofer der Prozess gemacht worden war, lobte Prof. Rodolfo Signorini die Schützen, in ihren Herzen stecke das gleiche Ideal, wie das von Hofer. Heute zähle oft nur mehr das Geld auf dem Konto. Die wahre Krise sei jedoch der Verlust der ethnischen Werte.
Kulturstadtrat Marco Tonelli dankte den Schützen. Der Marsch durch die Altstadt habe bei der Bevölkerung durchaus Eindruck hinterlassen.
„Für Tirols Freiheit“ stand auf dem Kranz, der zum Abschluss niedergelegt wurde. „Es brauche immer wieder Menschen, die sich für die Heimat einsetzen, seien auch wir bereit“, beendete Bezirksmajor Haymo Laner die Gedenkfeier.
Panoramabild der Aufstellung
Gedenkrede von Mjr. Heinrich Seyr
Lieber Andre Hofer!
Wir stehen hier an diesem historischen Ort, wie jedes Jahr am 20. Februar – wo vor mittlerweile über 200 Jahren dein tragisches Schicksal – lieber Andre – und das Schicksal Tirols seinen Lauf nahmen. Und wie jedes Jahr fragen wir uns, was ist besser geworden und wo müssen wir ansetzen für die Zukunft, und müssen mit Wehmut feststellen dass die Bilanz einmal mehr ernüchternd ist.
Nicht, weil es uns nicht gut gehen würde, oder weil wir Hungern müssten! Nein, das was wir zum Auskommen brauchen, haben wir, und die meisten auch etwas mehr. Auch wenn die Steuerlast, und deren Druck, für uns normale Bürger, wo wir doch den Großteil der Bevölkerung ausmachen, von Tag zu Tag mehr werden.
Und zudem zeichnen sich ähnliche Dinge wie vor 200 Jahren, wo es zu deiner Zeit um die Verteidigung der Heimat, die Verteidigung der Tiroler Werte, die Verteidigung der Verbrieften Rechte, und die Unterdrückung einer ganzen Volksgruppe ging.
Du, lieber Andre, und deine Mittstreiter sahen damals keinen anderen Weg als zu den Waffen zu greifen, – mit Sense, Mistgabel, Dreschflegel und noch manch anderem Werkzeug der damaligen Zeit, das oben beschriebene mit Nachdrück einzufordern und dafür zu kämpfen. Was vor dem 20. Februar 1810 immer und immer wieder glückte, jedoch mit deinem Tod ein jähes Ende fand.
Zum Glück ist die Zeit des Krieges zu Ende und wir leben nunmehr fast 7 Jahrzehnten ohne Krieg in unserem Land. Die Waffen der heutigen Zeit ist das Wort und die Schrift. Die meisten von uns die hier stehen haben gottseidank keinen Krieg erlebt. Wir kennen Krieg nur aus den Erzählungen von unseren Vätern und Großvätern, die den 1. und 2. Weltkrieg im vergangen Jahrhundert am eigenen Leibe miterlebt haben, oder aus den Nachrichten, wo von den Kriegsschauplätzen der Gegenwart berichtet wird – und von uns, so scheint es zumindest, weit weg scheinen.
Dieser Frieden täuscht oft über das Eigentliche und die wahre Situation hinweg. Es gibt aber doch Sorgen, die uns noch mehr drücken. Die Einstellung zur Sache, unsere Standhaftigkeit, unser Einsatz und Stolz, die sind schwach.
Dir, geschätzter Andre, der du dein ganzes Leben lang Tiroler durch und durch warst, und auch im Angesicht deines Todes, weder deine Abstammung noch deine Überzeugung geleugnet hast, wird das wohl eigenartig vorkommen. Wir haben zurzeit eine Schuldenkrise, Entschuldigung, Italien hat zurzeit eine Schuldenkrise, und unsere Verantwortlichen glauben, es wäre unsere Pflicht, auf Gedeih und Verderb diesem Staat anzugehören. Und obwohl es keine Chance gibt, dass Länder wie Italien jemals im europäischen Kontext wettbewerbsfähig werden, müssen wir halt weiter – einzahlen in diesen Topf. Jeder muss seinen Beitrag leisten, meinen unsere Verantwortlichen. Wofür weiß keiner so recht!
In den letzten Jahren hat es immer wieder geheißen, ja, wenn die Autonomie angegriffen wird, dann kommt das Selbstbestimmungsrecht. Dann sind wir plötzlich alle Österreicher oder rufen zumindest einen eigenen Staat aus. Und immer, wenn es dann soweit ist – jetzt wäre es übrigens wieder soweit – dann ist Sendepause. Dann dreht und wendet man sich von verantwortlicher Seite und will weiter einem Staat angehören, der laut neuestem Ranking der „Transparency International“ zu den korruptesten Ländern der Erde gehört. Kuwait, Süd-Korea, Kuba, Süd-Afrika und die Türkei sind nach dieser Auflistung viel besser dran als Italien. Und damit viel besser dran als wir.
Vor über 200 Jahren war es dir eine Herzensangelegenheit, dich für die Freiheit und die Unabhängigkeit deiner Heimat und deines Glaubens einzusetzen. Und du hast alles daran gesetzt dass dir auch niemand diese Überzeugung nehmen konnte! Leider kam es dann anders als gedacht, Du, lieber Andre, hast es mit deinem Leben bezahlt.
Ja lieber Andre, du fehlst uns sehr! Auch wenn dich niemand von uns persönlich kannte. Aber Menschen von deinem Format mit deiner Tatkraft und deiner unerschütterlichen Willenskraft, die fehlen uns, seit dem 20. Februar 1810. Wie sehr fehlen uns Verantwortliche, die eigentlich Impulsgeber sein müssten – so wie du einer warst. Die Impulse, die heute von den Regierenden kommen sind andere. Manch einer langt kräftig hin, andere wiederum sind ohne Ehre und Ehrgefühl, und wiederum andere sind nur ICH bezogen. Wobei genau dein vorbildhafter, dein selbstloser Einsatz Vorbild waren und sind!
Dann gibt es heute Menschen dehnen das Thema Selbstbestimmung und Unabhängigkeit peinlich sind. Und doch ist ein klarer Hoffnungsschimmer vorhanden. Die Hoffnung liegt bei der Jugend. Ja, die Jugend findet wiederum Gefallen an Werten wie, Tradition, Identität, Heimatliebe und Individualität und erkennt deren Wichtigkeit immer mehr. Eines ist im Moment ganz klar zu erkennen, das Verlangen und der Ruf nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit wird immer lauter und spürbarer. Diese Entwicklung erlebt man nicht nur bei uns in Südtirol, nein es ist ein Weltweites Phänomen und deshalb werden sich auch unsere Verantwortungsträger nicht auf immer und ewig diesem Wunsch und diesem streben verschließen können.
Lieber Andre Hofer, letztendlich bleibt uns dein Vermächtnis und dein Aufruf von damals „Mander es isch Zeit“. Diese Worte sind uns Auftrag. Wir werden den von dir begonnenen Weg weitergehen. Bis deine, bis unsere Heimat wieder vereint ist.
Das Versprechen dir deine Schützen, deine Tiroler Landsleute.
Schützen Heil