Toponomastikfrage: In Zeiten Montis noch mehr Sensibilität der Landespolitiker gefordert

BOZEN – Dass sich Südtirol in Zeiten befindet, in denen der italienische Zentralstaat die Autonomie Süd-Tirols untergräbt, unser Land mit einer nie dagewesen Abgaben- und Steuerquote belastet und auch in anderen Zuständigkeitsbereichen die Karten ständig neu mischt, ist bekannt.

„Umso wichtiger ist es, dass unsere Landespolitiker gerade in Fragen, die unser Land betreffen, mit besonderer Sensibilität agieren“, so die SOKO Tatort „Alto Adige“ (www.toponomastik.com).

Für Befremden sorgte nämlich erst kürzlich wieder das Schreiben von Landesrat Hans Berger an alle Tourismusorganisationen im Hinblick auf die Beschilderung der Wanderwege, in dem er meint: „Das Toponomastikgesetz ist in Kraft. Die Kriterien des Fitto-Durnwalder-Abkommens gelten deshalb nach wie vor als Grundlage für die Beschilderung.“

Die SOKO Tatort „Alto Adige“ warnt davor, dass sich die Politik der Angst und Ungewissheit bedient, nachdem die inhaltliche Verteidigung der neuen Regelung zur Ortsnamensgebung nicht überzeugend dargelegt werden konnte. Das Durnwalder-Fitto-Abkommen aus dem Jahr 2010 sollte angeblich verhindern, dass alle Flurnamen im Sinne des tolomeischen Gedankens übersetzt werden müssen. Das Ergebnis werde aber im neuen, von Rom zurückgewiesenen Landesgesetz zur Toponomastik mit keinem Wort erwähnt. „Gerade deshalb bleibt auch die Anwendung für die Kriterien der neuen Regelung nach wie vor ein Zankapfel“, so die SOKO Tatort „Alto Adige“.

Die einzige Gemeinsamkeit, die diese beiden Gesetzestexte hätten, sei die vage und unklare Formulierung. Italienische Medien und Politiker hätten bereits beim Abschluss des Durnwalder-Fitto-Abkommen darauf aufmerksam gemacht, was passieren könne, wenn Formulierungen nachlässig behandelt werden. So wurde darauf hingewiesen, dass das italienische Wort »località« nicht einfach mit »Ortschaften« übersetzbar sei. Gültigkeit habe zudem nur die unterschriebene italienische Originalversion. Unter Artikel 5, Ziffer 1a, heißt es etwa, dass die Wegeschilder zwei- oder dreisprachig sein müssten („a) indicazione delle denominazioni diffusamente utilizzate per i comuni e per le località nelle rispettive lingue e delle informazioni generali“). Durnwalder habe damals den Journalisten folgende Übersetzung geliefert: „a) Allgemein verwendete Bezeichnungen für die Gemeinden und für die Ortschaften in den jeweiligen Sprachen sowie allgemeine Informationen“. „Und hier sitzt der Fehlerteufel im Detail“, so die Ortsnamenkommission des Südtiroler Schützenbundes. Das Wort »località« könne nämlich auch mit »Lokalität, Örtlichkeit, Gegend« übersetzt werden. „Bereits von vornherein konnte davon ausgegangen werden, dass dadurch ein Streit um die Auslegung einzelner Artikel unvermeidbar werden würde. Fast vergessen scheint deshalb die unglaubliche Tatsache, dass Landeshauptmann Durnwalder damals den gesamten Ortsnamensbestand des Faschisten Ettore Tolomei akzeptiert hat. Auch wurde es verabsäumt, den Landtagsabgeordneten den Text bereits vor der Unterzeichnung zur Verfügung zu stellen“, so die Kritik der SOKO Tatort „Alto Adige“.

„Es darf einfach nicht passieren, dass bei Gesetzen, welche die Identität unseres Heimatlandes betreffen, wie um den Privatbesitz eines Einzelnen gefeilscht wird“, warnt die Toponomastikkommission des Südtiroler Schützenbundes vor Fahrlässigkeit im Umgang mit dem Kultur- und Allgemeingut.

Faschismus, Ortsnamen, Toponomastikfrage
Das „kleine“ Süd-Tirol nun auch in Russland ein Thema
Schützenzeitung Nr. 6-2012

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