Podiumsdiskussion des Bezirks Süd-Tiroler Unterland zu Identität und Zukunft

AUER – Am Freitag, den 9. November 2012 organisierte der Schützenbezirk Süd-Tiroler Unterland in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Schützenbund eine Podiumsdiskussion unter dem Titel: „Was bin ich? Süd-Tiroler, Südtiroler, Tiroler, Italiener, Österreicher, Europäer…?“. In Auer diskutierten Enzo Cestari (SK Rovereto/Rofreit), Hanno Mayr (Junge Grüne), Peter Villgrater (Bezirksmajorstellvertreter Pustertal), Christian Meischl (Viertelkommandant Innsbruck), Peter Geier (SK Tramin), Silke Bachmann (ehemalige Skirennläuferin) und Franz Haller (ehemaliger Kickboxer) über Identität, Heimat und Zugehörigkeitsgefühl.

Bezirksmajor Dr. Jürgen Werth konnte im Vereinshaus von Auer im Namen des Bezirks Süd-Tiroler Unterland und des Südtiroler Schützenbundes neben den Referenten auch über hundert Zuhörer begrüßen. Durch den Abend führte der Referent für Kultur- und Bildungsarbeit des SSB, Major Günther Morat.

Eingeleitet wurde der Diskussionsabend durch Impulsreferate zum Thema Identität und der konkreten Frage: „Was bin ich?“ Enzo Cestari von der Schützenkompanie Rovereto/Rofreit hatte darauf eine eindeutige Antwort: „Wenn man mich im Ausland fragt was ich bin, sage ich: Tiroler“. Heimat, so Cestari, sei dort, wo man lebe und Tradition und Wurzeln habe. Gerade in unserer mobilen Zeit sei es wichtig, die eigene Herkunft und Geschichte zu kennen. Tirol, so der überzeugte Schütze, sei immer mehr gewesen als eine Sprache oder ein Staat; gerade deshalb sei Nationalismus entschieden abzulehnen. Die Schützen im Welschtirol hätten die wichtige Aufgabe, die Tradition und Geschichte in diesem Landesteil wach zu halten, so Cestari abschließend.

Für Hanno Mayr von den „Jungen Grünen“ ist Identität im ethnischen Sinne nichts festgeschriebenes oder unveränderliches. In seiner Studienzeit sei er oftmals auf seine „typisch“ deutschen und italienischen Eigenschaften angesprochen worden. Auf eine Einordnung, so Mayr, wolle er sich aber nicht einlassen. Er fühle sich vor allem als Individuum und Weinbauer. Der Titel der Veranstaltung und die Angebotenen Kategorisierungen überzeugten ihn nicht, vielmehr wünsche er sich eine vielfältige Zukunft, vor der auch keiner Angst zu haben brauche.

Peter Villgrater, Bezirksmajorstellvertreter aus dem Pustertal, fühle sich aus tiefer Überzeugung als Tiroler, mit all seinen Traditionen, Kultur, Natur und Menschen die dazu gehörten. Heimatgefühl, so Villgrater, gebe Halt und beginne bereits in der Familie und der Dorfgemeinschaft. Ehrenamt und der katholische Glaube seien dabei besonders wichtige Eckpfeiler. Villgrater konstatierte, dass das alte Tirol schon immer mehrsprachig gewesen sei und erst der übersteigerte Nationalismus die kulturelle Einheit zerstörte. Er selbst habe als Musiker schon mit vielen Nationalitäten zusammen gespielt und betonte wie wichtig es sei, allen mit Respekt und Offenheit zu begegnen, gleichzeitig aber auch seiner eigenen Identität treu zu bleiben.

Nach den Impulsreferaten ging das Wort ans Podium und anschließend ans Publikum. Auch hier wurde über Identität und dessen Wandel diskutiert. Peter Geier, Hauptmann der Traminer Schützen, fühle sich in erster Linie seinem Dorf und seiner Familie verbunden. Er sei Südtiroler und betonte, dass er es als Teil Tirols ansehe. Es brauche Menschen, die mutig sagen, wofür sie stünden. Für Geier sei Identität etwas, das sich laufend formt und durch Lebenserfahrung geprägt werde.

Für Christian Meischl, Viertelkommandant Innsbruck und Bürgermeister von Lans, sei Tirol als Ganzes zu betrachten. Er habe durch Südtiroler Nachbarn schon immer einen besonderen Draht in den südlichen Landesteil gehabt und sei deshalb auch oft in Schenna auf Besuch gewesen. Vor allem das Wissen über die gemeinsame Geschichte, so Meischl, sei wichtig um die Dinge und Menschen zu verstehen. Um das gegenseitige Verständnis zu stärken brauche es vielfältigen Kontakt zwischen Nord- und Südtirol.

Aus einer gänzlich anderen Perspektive beschrieben die ehemaligen Profisportler Silke Bachmann und Franz Haller das Konzept von Identität. Silke Bachmann war viele Jahre als Skirennläuferin in der italienischen Nationalmannschaft erfolgreich. Als Sportlerin, so Bachmann, sei sie Italienerin gewesen, ansonsten habe sie einen starken Bezug zu ihrem Heimatdorf Tramin und zu Südtirol. Als Südtirolerin unter italienischer Flagge zu starten, habe ihr sowohl positive als auch negative Erfahrungen gebracht.

Franz Haller, viele Jahre weltweit erfolgreicher Kickboxer, fühle sich als Südtiroler. Gerade die Erfahrungen im Ausland hätten ihm gezeigt, wie schön das Land sei. Im Kickboxen, so Haller, habe die italienische Fahne keine Rolle gespielt, Nationalität sei hier nebensächlich gewesen. Er verwies aber darauf, dass sich viele Sportler in einer Zwickmühle befänden, da sie Angestellte des Italienischen Staates seien und sich deshalb auch entsprechend verhalten müssten. Haller bemängelte abschließend, dass in Südtirol der Umgang der Sprachgruppen untereinander oftmals von fehlendem Respekt geprägt sei.

Nach mehreren Wortmeldungen und Fragen aus dem Publikum schloss Bezirksmajor Dr. Jürgen Werth die angeregte Diskussion und den Abend mit einem Dank an die Teilnehmer/innen.

Identität, Podiumsdiskussion, Zukunft
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