BRUNECK/BOZEN – Soeben wurde im Landtag die höchst umstrittene Toponomastikgesetzgebung durchgeboxt, nun legen bereits einige Brunecker Gemeinderäte das Tempo vor und fahren mit neuen Italianisierungen von Ortsnamen fort. Standen sie schon vor Monaten im Kreuzfeuer der Kritik, weil sie Kranzniederlegungen vor dem sogenannten „Kapuziner-Wastl“ gutgeheißen haben, so sehen sie sich jetzt dem Vorwurf ausgesetzt, im Tolomeischen Geist weiterzuarbeiten.
Der Gemeindeausschuss der Stadtgemeinde Bruneck hat nämlich als italienische Variante der Flurbezeichnung „Niedermairfeld“ die Bezechnung „Campo Niedermair“ festgelegt. Dies ist deshalb sehr ärgerlich, weil laut der gültigen Gesetzgebung KEINE Gemeindeverwaltung verpflichtet ist, Flur-, Orts- und Straßennamen in die jeweiligen Landessprachen zu übersetzen, kritisiert der Südtiroler Schützenbund.
Der Toponomastik-Experte Dr. Cristian Kollmann, der zu diesem Thema ein Gutachten erstellt hat, spricht sogar von einer „höchst fahrlässigen Handlungsweise dieser selbsternannten Toponomasten“, die in ihrem Übereifer auch noch heute Namen italianisieren. „Campo Niedermair“ wird nämlich in der örtlichen Bevölkerung nicht verwendet, sondern seit jeher mit „Niedermairfeld“ bezeichnet.
„Der Name ‚Niedermairfeld‘ ist von der Bildungsweise mit den hypothetischen Beispielen ‚Niedermairanger‘ oder ‚Niedermairgisse‘ (beide zusammengeschrieben) identisch und zeigt auf, wie unsinnig eine Übersetzung von Anger oder Gisse wäre“, erklärt Kollmann. „Würde man in dieser Logik weiterdenken, würde ein Flurnamen mit der Bezeichnung ‚Kartoffelfeld‘ mit ‚Campo Kartoffel‘ übersetzt werden“, versucht der Toponomastikexperte die Absurdität dieser Übersetzung zu entlarven.
In dieselbe Kerbe schlägt die SOKO – Tatort „Alto Adige“ (www.toponomastik.com), die Toponomastik-Arbeitsgruppe des Südtiroler Schützenbundes, und weist darauf hin, dass keine Bestimmung, weder im Pariser Vertrag noch im Autonomiestatut, besagt, dass Orts- oder Straßennamen überhaupt neu übersetzt werden müssen. Der Brunecker Gemeindeausschuss beruft sich zwar auf den Artikel 4 des neuen Toponomastikgesetzes, in dem es heißt: „Jeder Ortsname wird in der deutschen, italienischen und ladinischen Fassung eingetragen, sofern in jeder dieser Sprachen in der jeweiligen Bezirksgemeinschaft gebräuchlich“.
„Dieser Bezug ist aber nicht zulässig“, so die Toponomastik-Arbeitsgruppe im Südtiroler Schützenbund, denn ein „Campo Niedermair“ war weder in Bruneck noch in der Bezirksgemeinschaft jemals „gebräuchlich“ und ist deshalb frei erfunden.