MANTUA – Seit 1984 wird alljährlich in Mantua des Tiroler Freiheitskämpfers Andreas Hofer gedacht. Die Organisation und Durchführung wird im Auftrag des Südtiroler Schützenbundes und in Zusammenarbeit mit den Behörden von Mantua jeweils von einem Schützenbezirk übernommen, diesmal traf es den Schützenbezirk Süd-Tiroler Unterland. Die Gedenkfeier fand am heutigen Montag, den 20. Februar 2012, in Citadella, einem Stadtteil von Mantua, statt.
Nach der Meldung mit anschließender Frontabschreitung marschierten die rund 400 Tiroler Schützen unter strömenden Regen zum Andreas-Hofer-Denkmal, der Erschießungsstätte des Tiroler Freiheitshelden. Dort wurde nach der Begrüßung von Bezirksmajor Jürgen Werth gemeinsam mit Landeskurat P. Christoph Waldner OT die Heilige Messe gefeiert. Die Schützenkapelle Unterland gestaltete diese musikalisch, die Ehrensalven nach dem Evangelium und bei der Kranzniederlegung wurden von der Ehrenkompanie Montan abgefeuert.
Mander, es isch Zeit, dass wir echte Christen werden, und echte Tiroler, echte Schützen“.
(P. Christoph Waldner OT)
Landeskurat P. Christoph Waldner OT meinte in seiner Predigt „Der Glaube und die Liebe zur Heimat – beides hat Andreas Hofer getrieben und getragen – beides haben wir Schützen gelobt – beides aber braucht eben mehr als nur Lippenbekenntnisse. Mander, es isch Zeit, ich möchte diesen Aufruf aus dem Jahr 1809 auch für mich verwenden: Mander, es isch Zeit, dass wir uns Zeit nehmen für Gott, denn er ist das und der Wichtigste. Mander, es isch Zeit, dass wir uns Zeit nehmen, unseren Glauben zu erforschen, denn er ist unsere Identität. Mander, es isch Zeit, dass wir uns Zeit nehmen, in unserem Glauben zu wachsen, denn er gibt uns echte Reife. Mander, es isch Zeit, dass die Liebe zur Heimat und der Glaube konkrete Formen bekommt. Mander, es isch Zeit, dass wir echte Christen werden, und echte Tiroler, echte Schützen“, so Landeskurat Waldner.
Anschließend hielt Major Christian Meischl (Viertelkommandant Tirol Mitte) eine viel beachtete Gedenkrede, welche wir untenstehend vollinhaltlich veröffentlichen. Im Anschluss daran legten die Schützen einen Kranz zum Heldengedenken unter den Klängen des Guten Kameraden vor dem Andreas-Hofer-Denkmal nieder.
Mantuas Bürgermeister Nicola Sodano hieß die Delegationen aus Tirol herzlich willkommen und meinte, dass es den Schützen zu verdanken sei, dass die Gedenkfeier in Mantua alljährlich stattfinde. Er bezeichnete die Schützen und Marketenderinnen als Freunde der Stadt Mantua.
Nach der Feier am Hofer-Denkmal folgte noch ein Gedenken im Innenhof des schmucken Palazzo d’Arco, wo Andreas Hofer im Februar 1810 der Scheinprozess gemacht worden war. Ein besonderes Lob ging an den Schützenbezirk des Unterlandes mit Bezirksmajor Jürgen Werth für die Organisation der Feierlichkeiten für den Bund. Auch der Mantuaner Stadtverwaltung wurde gedankt.
Zu Ehrengästen bei der würdigen Gedenkfeier zählten unter anderem Schützen-Landeskommandant Paolo Daprà (Welschtirol), einige Bürgermeister aus dem Unterland, Präsident Oswald Schiefer von der Bezirksgemeinschaft Überetsch/Unterland sowie der Bozner Vizebürgermeister Klaus Ladinser.
Gedenkrede von Mjr. Christian Meischl
„Wir haben diesen Mann erschießen lassen, heute wissen wir, dass wir Unrecht getan haben. Er ist heute ein Vorbild der Freiheit Europas und im Namen der Grand Nation bringe ich Ehrdarbietung und Hochachtung dem Mann der Freiheit.“
Nach diesen Worten salutierte der General und blieb volle 5 Minuten in Habtachtstellung stehen. Später meinte Landeshauptmann Weissgatterer dazu, dass er viel gewöhnt sei, aber soviel Hochachtung hatte er noch nie erlebt. Es sei ihm kalt über den Rücken gelaufen. Alle Beteiligten waren zutiefst beeindruckt.
Dies waren die Worte von General Marie Emilie Antoine Bethouart, am 24.9.1950 am Bergisel vor dem Andreas Hofer Denkmal.
Hochwürdiger Herr Schützenkurat, sehr geehrter Herr Landeskommandant, liebe politischen Vertreter der Stadt Mantua, liebe Marketenderinnen und Schützenkameraden, sehr geehrte Damen und Herrn!
Gemütlich schaut der Andre, wie sich Hofer selbst nennt, auf den zeitgenössischen Bildern aus: ein rundes Gesicht mit vollen Wangen, in die Stirn gekämmtes dunkles Haar, und ein Vollbart, der auf die stattliche Brust wallt. Andre ist der Wirt am Sandhof im Passeiertal.
Der Urgroßvater Andreas Hofers, Johann Hofer erwarb 1644 zwischen St. Leonhard und St. Martin im Passeiertal ein Stück Land und errichtete den so genannten Sandhof. In früheren Zeiten hieß der Gasthof „Auflegerhof“, denn hier wurden den Saumpferden für den steilen Weg über den Jaufenpaß nach Sterzing und weiter nach Innsbruck leichtere Lasten „aufgelegt“.
Ein idealer Ort, um auch Informationen auszutauschen. In frühen Jahren verstarben Andreas Hofers Eltern, er war mit sieben Jahren Vollwaise und unter die Obhut seiner Stiefmutter gestellt, die nicht viel Geschick in der Führung der Gastwirtschaft zeigte. Dennoch wurde der junge Andreas Opfer der neu eingerichteten Schulreform Maria Theresias. „Er kann wohl in der Schule nicht allzu viel abstraktes Wissen oder formale Bildung erhalten haben, der kleine Andreas, inmitten seiner bäuerlichen Mitschüler aus St. Leonhard und Umgebung – denn zeit seines Lebens konnte er nur nach dem Selbstgesprochenen schreiben, nicht nach den Regeln der deutschen Sprache.“ Ein zweiter die Gesellschaft dominierender Faktor war in der bäuerlichen Umgebung Hofers für ihn mehr als nur prägend. Der Glaube war hier ein fester Teil des Lebens. Die Kirche hatte ihren natürlichen Platz in der Welt der heranwachsenden Menschen.
In diesem Sinne wird auch Hofers kurze Regierungstätigkeit zu Innsbruck in der historischen Literatur als „tiefreligiös“ beschrieben. „Jeden Tag begann sein Tagwerk mit einer heiligen Messe und am Abend betete man in der Hofburg den Rosenkranz. Auch jede militärische Aktion wurde mit einer Messe begonnen.“
In seinen Lehrjahren ging er mit einem befreundeten Weinhändler auf Reisen und durchquerte dabei das italienischsprachige Welschtirol, Oberitalien und das deutschsprachige Nord- Süd und Osttirol, wobei er Kontakte und Sprachkenntnisse erwarb. „Andreas Hofer war Gastwirt, Vieh- und Weinhändler und kam daher viel im Land herum, er verfügte über zahlreiche freundschaftliche Verbindungen.“ Wie ersichtlich, übernahm er nach dem Erreichen seiner Volljährigkeit die Geschäfte des Sandhofs, tilgte die Schulden des Anwesens und heiratete Anna Ladurner, die Tochter eines gut situierten Bauern aus Algund bei Meran.
Es gärt in Tirol. Gegen die bayerische Besatzung regt sich Widerstand. Die liberalen Reformen sollen auch in Tirol durchgesetzt werden. Sie stoßen auf erbitterte Ablehnung. Besonders verhasst sind im „Heiligen Land Tirol“ die Eingriffe in den Gottesdienst. Alte religiöse Bräuche wie der Wettersegen und das Läuten der Glocken am Feierabend werden als „überflüssig“ abgeschafft. Auch das Herz-Jesu- Fest wird verboten.
In Wien sieht man die Unruhe in Tirol nicht ungern, denn neue Kriegsvorbereitungen sind längst angelaufen. Im Januar 1809 reist eine Tiroler Delegation in geheimer Mission zum österreichischen Kaiserhof. Mit dabei ist auch „der Bartige“, wie Andreas Hofer genannt wird. Ein Plan zum Losschlagen gegen die Bayern wird minutiös ausgearbeitet. An Hofer liegt es, den Aufstand in Tirol zu organisieren und vorzubereiten. Andre kann sich auf seine Freunde unter den Wirten verlassen. Als Kontakt- und Informationsbörsen spielen die Gasthöfe eine wichtige Rolle. Über vierzig Wirte werden in den kommenden Kämpfen als Hauptleute die Tiroler Bauernarmee anführen.
Am 9. April 1809 ist es soweit. Österreich erklärt Frankreich den Krieg. Und es gibt einen Kriegsschauplatz, der zum Mythos erhoben wird: der Bergisel bei Innsbruck.
Die bewaldete Kuppe im Süden Innsbrucks versperrt an strategisch entscheidender Stelle den Zugang zur Stadt. Wer die Höhe besetzt hält, besitzt auch die Tiroler Hauptstadt.
Viermal wird im Jahr 1809 am Bergisel gekämpft. „Wier wollen die Boaren mit Hilff der göttlichen Mutter fangen oder erschlagen, und haben uns zum liebsten Hertzen Jesu verlobt“, schreibt der „Oberkomandant Andre Hofer“ in einem Aufruf zum Kampf. Am Vorabend zur zweiten Schlacht am Bergisel reckt Hofer die Arme gen Himmel und erneuert das Tiroler Bündnis mit dem Herzen des Herrn. Scheinbar mit Erfolg. Drei der vier Gefechte vor den Toren Innsbrucks gewinnen die Tiroler und befreien das Land von der bayerischen Okkupation.
Der Krieg wird woanders entschieden. Nach verheerenden Niederlagen in Böhmen muß der österreichische Kaiser mit Napoleon Bonaparte und den Bayern im Oktober 1809 Frieden schließen. Habsburg verzichtet entgegen allen Versprechungen auf das Land an Etsch und Inn. Andreas Hofer, jetzt Anführer einer Rebellenarmee, die vom Wiener Kaiserhof nicht mehr unterstützt und gedeckt wird, ist verwirrt und unentschlossen.
Aufgeben oder weiterkämpfen? Der Gastwirt und Pferdehändler ist überfordert. Am 1. November kämpfen die Tiroler ein viertes und letztes Mal am Bergisel. Und verlieren.
Der Sandwirt flüchtet ins Passeiertal. Auf seinen Kopf sind 1500 Gulden ausgesetzt. Eine hohe Summe für die damalige Zeit, in der ein Arbeiter nicht mehr als einen drittel Gulden am Tag verdient. Auf der Pfandleralm, knapp drei Gehstunden von St. Leonhard entfernt, hält sich Hofer in einem Heustadel verborgen. Es ist Dezember und bitter kalt. „In dieser Hütte wurde der vaterländische Held Andreas Hofer am 28. Jänner 1810 von den Franzosen gefangen genommen“, steht auf der schlichten Marmortafel, die am Heustadel befestigt ist. Die 1500 Gulden hatten ihre Wirkung erzielt. Von einem Passeirer Bauern verraten, wird Andreas Hofer keinen Monat nach seiner Verhaftung hier an dieser Stelle in Mantua, am 20.Feber 1810 standrechtlich erschossen.
Und Heute im Jahr 2012!
Ich denke, Andreas Hofer wäre mit manchen Dingen nicht einverstanden:
Tirol ist seit über 90 Jahren getrennt. Die einen sprechen von der Europaregion Tirol, die anderen vom Freistaat Südtirol, wieder andere von Südtirol zu Österreich. Die Selbständigkeit und der Zusammenhalt der Tiroler Landesteile beginnen bei jedem einzelnen Menschen in Tirol und sind daher vor allem ein Problem des Bewusstseins und der Gefühle der Landesbewohner. Wenn die Einheit von Landschaft, Volks mäßiger Identität und Heimatbewusstsein nicht von den einzelnen Bürgern des Landes getragen wird, kann es auch keine gemeinsame Tirol-Politik im eigentlichen Sinne geben.
Die Schützen liebe Freunde haben mit der Gründung „Der Tiroler Schützen“ hier Vorbildwirkung gezeigt. Der Bund der Tiroler Schützenkompanien, der Südtiroler Schützenbund und der Welschtiroler Schützenbund haben, in der Überzeugung, dass die Zukunft Europas den geschichtlich und kulturell gewachsenen Regionen und nicht den Nationalstaaten gehört, und im Bewusstsein, das die derzeit bestehende politische Grenze zwischen den Teilen Tirols im Sinne der Grundsätze der UNO überwunden werden kann und muss, folgenden Beschluss gefasst:
Durch die Weiterentwicklung der gemeinsamen Dachorganisation wird die Integration der drei Bünde zu einem einzigen, ganz Tirol in seinen historischen Grenzen umfassenden Schützenbund und damit die Einigung Tirols weiter vorangetrieben.
Wir müssen trachten die Menschen in unseren Landesteilen zusammen zubringen. Die Gemeinden, die Kompanien und andere Organisationen. Wir Schützen sind am richtigen Weg. Ich danke Euch dafür.
Ich bedanke mich bei den Verantwortlichen der Stadt Mantua für den herzlichen Empfang und die Mithilfe bei der jährlichen Abhaltung der Gedenkfeier. Ebenfalls bedanke ich mich bei Major Jürgen Wert, dass mir die Ehre erteilt wurde die Gedenkansprache hier auf diesem historischen Stück Erde zuhalten.
Es lebe unser gemeinsames Heimatland Tirol!